Homes 02 2024 10 27

Zusammenarbeit in unserer Branche ist nicht kompliziert, denn die Ausbildung ist in allen Ländern ähnlich, und die Sprache der Architektur und der Innenarchitektur ist international. Man versteht sich über die Landesgrenzen hinweg. Ich traue mir auch zu, überall zu arbeiten. Je anspruchsvoller ein Projekt, desto spannender finde ich es. Dass wir einen zweiten Standort in Istanbul etablieren möchten, hat auch einen ökono- mischen Grund. Mit unseren hohen Schwei- zer Löhnen sind wir bei internationalen Hotelprojekten nicht konkurrenzfähig. Die gehobene Hotellerie setzt zwar auf grosse Namen und Designstars, luxuriöse Kon­ zepte und aufwendige Materialien, aber die Architekten-Fees müssen konkurrenzfähig sein. Das ist auch der Grund, warum wir in der Schweiz niemanden haben, der im gros- sen Stil für Hotels und Hotelketten arbeitet. Die entsprechenden Büros sitzen in New York, Singapur, Shanghai oder London. Täuscht der Eindruck, dass die Schweiz auch für die Akquise von privaten Kunden ein hartes Pflaster ist? Nur wenige beauftragen hierzulande einen Profi mit der Innenarchitektur – und dabei ist es nicht mal eine Frage des Geldes. Ja, das sehe ich auch so. Die Arbeit von Innenarchitekten wird hierzulande oft ge- ring geschätzt. Ich erkläre mir das damit, dass wir Zwinglianer sind und nie Könige und Aristokraten hatten. Ich habe aber das Gefühl, dass sich das langsam ändert. Man spürt es einfach, wenn Räume mit pro­ fessioneller Hilfe entstanden sind. Wir zau- bern und schaffen Magie. Und wir schaffen es, das Innere und das Äussere zu ver­ binden. Gute Interior Designer bringen ein dreidimensionales Verständnis mit. Sie verstehen Rhythmus, Licht, Proportionen, Materialien, Farbe, Abläufe, Perspektiven und Funktionalitäten und schaffen damit einen Mehrwert. Lohnt sich das auch finanziell? Natürlich. Wir haben das zum Beispiel bei einem Mehrfamilienhaus in Flims ge­ sehen. Wir haben zwei der Wohnungen mit unterschiedlichen Einrichtungskonzepten gestaltet. Die schlüsselfertigen Wohnungen wurden gleich zu Beginn zu einem Pre­ mium-Preis verkauft. Und unsere Lösungen wirkten sich auch verkaufsfördernd auf die übrigen Einheiten aus, da es mit den Mus- terwohnungen gelungen ist, eine stimmige

Ambiance zu vermitteln und Käufern eine Inspiration zu vermitteln. Ich beobachte, dass sehr viel Geld in die Architektur fliesst und nur wenig in die professionelle Gestal- tung der Innenräume. Ich stelle mir oft auch die Frage, warum sich Wohnungskäufer selbst im oberen Preissegment die Mühe machen und sich Zeit nehmen, ihre Küche, ihre Armaturen und Materialien zusam- menzusuchen. Meistens entstehen dann Wohnungen, die aussehen wie Showrooms von Möbelhäusern. Mit Ihrem Ansatz gehen Sie noch weiter. Sie entwickeln nicht nur Interior- Konzepte, sondern gestalten auch Produkte oder wirken bei der Gestaltung von Materialien mit. Gibt es nicht schon genug gute Produkte und Mate­ rialien?

Ja, und trotzdem reicht uns die Auswahl oft nicht. Zum Beispiel bei Holzverkleidun- gen. Die meisten Anbieter haben die natür- lichen Töne des Holzes in den Nuancen hell, dunkel und schwarz im Angebot. Ich möch- te aber Holzverkleidungen an Wänden oder Möbeloberflächen farblich auf die übrigen Materialien abstimmen können. So entstand die Idee, mit dem deutschen Holzspezialis- ten Schotten & Hansen eine Farbpalette mit 115 Nuancen anzubieten. Oder wir sind mit exklusiven Entwürfen in der Teppich-Kol- lektion von Tai Ping Carpets in Hongkong vertreten. Die Teppiche sind einzigartig mit dreidimensionalen Oberflächen und farblich genau auf die Umgebung ausgerichtet. Aus- serdem entwerfen wir Einrichtungsstücke, zum Beispiel unsere Marmorbank mit sanf- ten Rundungen für den Spa-Bereich oder unsere Tische mit Oberflächen aus Schot- ten-&-Hansen-Furnieren oder integrierten Centerpieces aus hochwertigem Naturstein. Farben, vor allem Pastelltöne, spielen eine wichtige Rolle in unseren Konzepten. Ich bin überzeugt, dass wir beim Wohnen künf- tig noch mehr Farbe sehen werden. Je tris- ter die Zeiten, desto grösser das Bedürfnis, sich im Alltag mit Farbe zu umgeben. Und wie geht es für Sie nun weiter? Ich sehe mich in der Halbzeit meines Schaffens. Seit meinem ersten grossen Auf- trag sind 20 Jahre vergangen. Mein Beruf ist viel mehr als nur Design oder Innenar- chitektur. Jeden Tag habe ich die Möglich- keit, unsere Arbeit in einem grösseren Zu- sammenhang zu sehen. Es geht nicht nur um das rein Materielle. Oft geht es um mehr als nur um Gestaltung. Für unsere Kunden sind wir Berater und Sparringspartner. Sie vertrauen uns ihre privatesten Räume an und lassen uns an ihrem Leben teilhaben. Unsere Hotelkunden vertrauen uns, ihr Ge- schäft auf Erfolgskurs zu bringen. Es braucht Lebenserfahrung und ein tiefes Verständ- nis, um sich in der Welt des Luxus sicher zu bewegen. Mein Team und ich haben in den letzten Jahren viel erreicht. Natürlich blicke ich schon gespannt auf die nächsten Schrit- te meiner beruflichen Laufbahn. Projekte mit internationalem Renommée und Strahl- kraft stehen an, auf die ich mich freue. Es ist ein bisschen wie bei einem Computerspiel: Hat man ein Level gemeistert und die Fall- stricke erkannt, geht es ein Level weiter. So ist es wohl in jeder Karriere – man entwi- ckelt sich weiter und lernt aus Fehlern, nicht aus Erfolgen. 

Assoziationen mit Düften Rinderknechts Dekorobjekte aus edlen Steinen lassen an Duftflakons denken.

Erinnerungen an junge Jahre in Asien Die «Rock Candy»-Sidetables sind aus Onyx und Marmor.

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HOMES 2/2024

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