Wer hier ein Haus kauft, muss sich beim Umbau und danach um nichts selbst kümmern.
So war man in der Lage, den Kaufinteressenten ein Rundum-sorglos-Paket anzubieten, indem diese sich ihr Wunschhaus konzipieren liessen und den gesamten Rest – von der Baubewilligung über die Planung bis hin zur schlüsselfertigen Übergabe – delegieren konnten. So funktioniert das Geschäftsmodell bis heute. Von den 50 Häusern sind noch 19 zu haben, geplant ist eine langsame Entwicklung mit dem Verkauf und dem Umbau eines Hauses pro Jahr. Das clevere Businessmodell hat nicht nur regel mässig Liquidität in die Kassen der Grafenfamilie gespült und die Renovation des Schlosses ermöglicht. Es sorgt auch dafür, dass alles zusammenpasst – die Häuser zur Geschichte und zur Landschaft und die Käuferschaft zur Grafenfamilie und als Community untereinander. Graf Benedikt, der längst seine Ge- schwister ausgekauft und die Verantwortung von seinem Vater übernommen hat, erklärt das Zielpub likum so: «Zu uns kommen Leute, die Komfort schät- zen, aber keinen Bling-Bling brauchen. Sie sind an- spruchsvoll, aber naturverbunden. Sie haben die gleichen Vorstellungen vom Leben auf dem Lande und einen ähnlichen Geschmack wie wir. Das funktioniert als natürlicher Filter. Es sind andere Leute als jene, die nach St-Tropez fahren. Während der Planungs- und Bauphase arbeiten wir zwei Jahre lang zusammen. Da entsteht eine Symbiose.» Für ein abwechslungsreiches Landleben muss man das Areal gar nie verlassen: Auf dem Gelände befinden sich sechs Seen mit Möglichkeit zum Fliegenfischen und zum Baden sowie mit Hütten für Grillabende im Freundeskreis. Das ausgedehnte Wegnetz ist ideal für Wanderungen, Biketouren oder Ausritte mit einem der rund 40 spanischen Vollblutpferde aus dem Gestüt der Grafenfamilie. Das Businessmodell der Bolzas belebt auch die gesamte Region. Schon jetzt bietet die Tenuta Arbeits- plätze für 300 Menschen und sorgt für Umsatz bei lokalen Gewerbebetrieben und Handwerkern. So wächst die zuvor auf 600 Einwohner geschrumpfte Ge- meinde Lisciano Niccone, die bereits von den Etruskern und Römern bewohnt war, inzwischen wieder und zieht auch junge Familien mit Kindern an. Für diese gibt es sogar einen eigenen Kindergarten auf der Tenuta. Damit beweist Graf Benedikt eins: Gewinn und Good Corpo- rate Citizenship passen gut zusammen.
CASA CERCOSCHENE Acht der Häuser auf dem Areal der Tenuta kann man mieten, darunter die Casa Cercoschene oben im Bild mit Platz für acht Personen. Anzahl Schlafzimmer: 4. Anzahl Badezimmer: 4. Pool: 16 x 4 Meter. Services: Frühstücks service inklusive, 24/7-Concierge- und Emergency-Service, 6-mal pro Woche Maid- und Pool-Service. Kosten pro Tag (Mindestaufenthalt 4 Tage): ab 4986 Euro.
Österreich. Graf Antonio war gerade mal fünf Jahre alt. Die erste Erfolgsstory schrieb er später als Verleger von Kunst- und Hospitality-Führern in London und Mün- chen. In dieser Zeit kehrte er immer wieder zu den Wurzeln zurück. Im Winter reiste die Familie zum Ski- fahren in die Dolomiten, im Sommer in den Süden des Stiefels. Mit 40 Jahren erfüllte sich Graf Antonio end- lich seinen Traum vom eigenen Haus in der Nachbar- schaft des heutigen Schlossgutes. Das Haus gefiel ihm, aber er wollte mehr Platz und sprach mehrmals bei den Eigentümern von Reschio vor, um etwas zusätzliches Land kaufen zu können – zehn Jahre lang erfolglos. Doch irgendwann schwenkten die damaligen Reschio- Eigentümer um: «Alles oder nichts», hiess es plötzlich, und Conte Antonio musste sich entscheiden, ob er das riesige Areal mit 1500 Hektar und den zahlreichen Ge- bäuden kaufen sollte. Die Familie hatte nie viel Geld auf dem Konto Das Angebot kam im richtigen Moment, denn es gab einen ernsthaften Interessenten für das Verlags geschäft. Fünf Jahre später zog das junge Ehepaar, Graf Benedikt und Donna Nencia, in das baufällige Schloss ein, ohne einen klaren Plan zu haben, wie es weitergehen sollte. «Damals gab es keinen Markt für ein Hotel in dieser Gegend», so der heute 50-jährige Bene- dikt im Rückblick. «Wir hatten nie viel Geld auf dem Konto, und deshalb hatte mein Vater die Idee, immer wieder ein Haus zu verkaufen.» Da traf es sich gut, dass Benedikt gerade dabei war, sein Architekturstudium in London abzuschliessen.
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HOMES 2/2024
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