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Wie sind Ihre Marktprognosen für Herbst/Winter 2024/25 im Bereich von Wohneigentum und Mieten in der Schweiz? Claudio Baumann: Der Rückgang der Inflation und die Leitzinssenkungen der Schweizerischen Natio- nalbank (SNB) wirken sich positiv auf den Immobilien- markt aus. Immobilienfinanzierungen sind wieder at- traktiver. Die Nachfrage nach Wohneigentum ist spürbar gestiegen, und wir erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt. Prognosen deuten auf eine weitere Zinssenkung der SNB im Dezember hin. Die Mieten bleiben angesichts des knappen Angebots an begehrten Lagen auf hohem Niveau. David Hauptmann: Das Geschäftsfeld der Nobilis Estate AG, aussergewöhnliche und luxuriöse Liegen- schaften, ist grundsätzlich weniger von äusseren Ein- flüssen betroffen als andere Marktsegmente. Nach einer Stagnationsphase zieht die Nachfrage wieder an und wird durch perspektivisch etwaig leicht sinkende Zinsen zusätzlich angeheizt. Ich erwarte also stabile Preise, insbesondere bei den Mieten, wo die hohe Nach- frage auf ein besonders begrenztes Angebot trifft. Marco Uehlinger: Aufgrund des reduzierten Ange- bots werden insbesondere die Mieten weiter steigen. Bei den Eigentumswohnungen gehen wir ebenfalls von leicht steigenden Preisen aus. Daniela Vetsch: Die Aussichten sind gut. Schöne Immobilien und gepflegte ältere Objekte sind gefragt, und Geld ist nach wie vor vorhanden. Verkäufer sehen ihre Liegenschaft teilweise zu gut bewertet. Im Luxus- segment bewegen sich die Preise seitwärts. Ich staune immer wieder, wie viele vermögende Käufer die Schweiz hat. Claudio F. Walde: Für Herbst/Winter 2024/25 erwarten wir, dass der finanzielle Vorteil des Wohnei- gentums weiter zunehmen wird. Die jüngste Senkung des Leitzinses durch die SNB führt zu günstigeren va- riablen Hypotheken, was potenziellen Käufern entge- genkommt. Der Referenzzinssatz, der für die Entwick- lung der Mietpreise massgeblich ist, verhält sich jedoch träge. Daher ist es schwer einzuschätzen, ob und wann sich Veränderungen zeigen werden. Vorerst dürften die Mieten weder weitersteigen noch sinken. Falls die Erbschaftssteuerinitiative der Juso angenommen würde: Welche Folgen hätte das aus Ihrer Sicht auf das Wohneigentum in der Schweiz? Baumann: Wird die Erbschaftssteuerinitiative an- genommen, könnte dies den Immobilienmarkt beeinflus-

sen. Erbende von Wohneigentum müssten bei höheren Steuerbelastungen möglicherweise Immobilien verkau- fen, um die Steuerlast zu decken. Zudem würde die Schweiz an Attraktivität im In- und Ausland verlieren. Hauptmann: Ich verstehe beide Seiten – das Argu- ment für die individuelle Freiheit und das für ge­ sellschaftliche Verantwortung und Gerechtigkeit. Die Vermögensverwalter unserer Klientel stellen sich seit Langem auf entsprechende Szenarien ein. Uehlinger: Der Wirtschaftsstandort Schweiz wür- de geschwächt. Die Abwanderung der Superreichen wäre die Folge davon, was nachhaltig zu massiv weni- ger Steuersubstrat führen würde. Kurzfristig würden wahrscheinlich einige Luxusobjekte auf den Markt kommen, langfristig dürften die Preise von Luxus­ immobilien aufgrund rückläufiger Nachfrage sinken. Vetsch: Im Luxussegment, also ab 15Millionen Franken Verkaufswert, würde dies wohl aktiv einen Preisrückgang bewirken, und einige neue Objekte würden auf dem Markt landen. Für Käufer würde das mehr Auswahl bedeuten. Walde: Eine Annahme der Initiative hätte auf- grund der Gefährdung der langfristigen Stabilität von Familienunternehmen negative Folgen für die gesamte schweizerische Volkswirtschaft und folglich auch für den lokalen Immobilienmarkt. Falls die «Keine 10-Millionen-Schweiz»-Initiative der SVP angenommen würde: Welche Folgen hätte das aus Ihrer Sicht für Wohneigentum und Mieten in der Schweiz? Baumann: Mit einer Zuwanderungsbegrenzung würde das Bevölkerungswachstum verlangsamt, was die Nachfrage nach Wohneigentum und Mietwohnun- gen tendenziell dämpfen würde. Dies könnte den Preis- anstieg bei Immobilien und Mieten in stark nachgefrag- ten Gebieten bremsen. Der Fachkräftemangel würde sich weiter verschärfen. Hauptmann: Da die Schweiz für wohlhabende Unternehmer, Manager, Sportler etc. aus dem Ausland attraktiv ist, könnte die Annahme der Initiative zu einem Rückgang der Nachfrage in diesem Segment führen. Hochwertige Immobilienobjekte könnten einen Rückgang der ausländischen Kundschaft verzeichnen, was sich auf die Preise und die Verkaufsdynamik aus- wirken würde. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die politische Umsetzung der Initiative gestaltet wird, da dies entscheidend für das tatsächliche Ausmass der Effekte sein wird.

Das Angebot an Objekten ist weiterhin überschaubar. Deshalb bleiben die Mieten und Kaufpreise auf einem hohen Niveau.

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