Typisch Italien

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–– ITALIEN

ITALIEN ––

P A L I O D E S I E N A

Nervenkitzel! Geschwindigkeit! Chianti! Bunte Kostüme und Fahnen! Die große Tradition der Stadt Siena ist eine der schönsten von ganz Italien. Beim „Palio“ treten die Wölfin gegen das Stachelschwein, die Giraffe gegen die Raupe oder das Einhorn gegen die Eule an. Kein märchenhafter Kampf unter Fabeltieren sondern ein Pferderennen und die Fabelwesen sind die Wappenzeichen der „contrade“, der historischen Stadtviertel von Siena, die mit ihren Jockeys gegeneinander antreten.

D as kürzeste und wahrscheinlich härteste Pferde- rennen der Welt geht in nur drei Runden um den zentralen Platz der Altstadt, insgesamt also knappe 900 Meter. Die Pferde brauchen für die Distanz etwa eineinhalb Minuten. Aber tatsächlich kommt es nicht so sehr auf das kurze Vergnügen des Rennens selbst an, es geht um Tradition, es geht um die Vor- bereitung, die mit unzähligen Ritualen, viel Essen und ebenso viel Wein einfach ein Fest der Menschen der Toskana ist. Wo sonst versammelt sich zwei Mal im Jahr eine ganze Stadt in knallbunten historischen Kostümen und feiert sich selbst? (Mögliche Parallelen zum Kölner Karneval sind zufällig und nicht beabsichtigt.) Der wahrscheinlich schönste Teil des Palio ist der Fest- zug hin zur Piazza del Campo. Hier zeigen sich der Barberesco – nicht der piemontesische Wein, so nennt man den Pferdeknecht – der Jockey (il fantino) und viele weitere Mitglieder der Contrada in ihren traditionellen Kostümen. Die Fahnen werden geschwenkt und die Gruppen werden bejubelt oder ausgebuht, je nachdem, ob man gerade am rivalisierenden oder befreundeten Stadtteil vorbeizieht. Zuvor, in den frühen Morgenstunden, wurden Jockey und Pferd gesegnet. Jede Contrada hat dafür eine traditionelle

Kapelle. Das ist der erhebende, feierliche Auftakt zum Volksfest des Palio. Es gibt natürlich auch Schattenseiten, so ist das Rennen aus Tierschutz-Gesichtspunkten zurecht in der Kritik. Allerdings überwiegt für uns, wie wundervoll eigentümlich die Veranstaltung mit ihren uralten Regeln und Traditionen ist. Übrigens ist der Vergleich dieser Stadt-Traditionen wohl eine der Disziplinen, in denen Siena dem großen Nachbarn Florenz haushoch überlegen ist. Die Florentiner haben nämlich statt einem Pferderennen eine Art Fußball-Schlägerei. Das Calcio in Costume (frei übersetzt: Fußball im Fummel) ist eine histo- rische Vorform von Fußball, bei der es kaum Regeln gibt und die man sich so vorstellen kann, als hätten Hooligans einen Platz- sturm veranstaltet und das Spiel liefe ohne Unterbrechung weiter, während sich alle wie bei Asterix gegenseitig verhauen… Nein, da ziehen wir doch den Palio vor, obwohl es – Stichwort: "Das wohl härteste Rennen" – eine Regel gibt, die besagt dass nur Pferd und der Kopfschmuck der Contrada das Ziel erreichen müssen. Was mit dem Jockey passiert, ist egal. —

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