INTERVIEW
MEIN ABENTEUER
KRIS TOMPKINS
Von der Businessfrau zur Umweltschützerin: Die US-Amerikanerin hat 13 Nationalparks in Chile und Argentinien geschaffen.
was wir gesagt hatten, wahr war. Und zweitens wechselte die Führung Chiles. Ein Präsident, der Naturschutz nicht befürwortete, trat zurück, und sein Nachfolger war von unserem Projekt sehr begeistert. Letztes Jahr half Tompkins Conservation bei der Wiederansiedlung von drei Jaguaren in den argentinischen Iberá-Feuchtgebieten, wo die Art seit über 70 Jahren nicht mehr vorgekommen war. Warum war dieses Projekt so wichtig? Als wir 1997 zum ersten Mal nach Iberá kamen, wimmelte es dort von Wasserschweinen, Alligatoren und anderen Arten, weil es keine Raubtiere gab. Das Ökosystem war aus dem Gleichgewicht geraten – das ist die eine Veränderung, die wir angehen wollten. Aber das andere, ebenso wichtige Ziel ist, dass die Gemeinden stolz darauf sind, wieder Jaguare zu haben. Das hat auch den Tourismus angekurbelt. Das Projekt ist ein großartiges Beispiel für die sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und lokalen Vorteile der Wiederansiedlung von Arten. Viele der Gebiete, um die Sie sich kümmern, sind zu beliebten Reisezielen geworden. Welches ist Ihr Lieblingsort? Wir waren maßgeblich an der Schaffung der Route of Parks in Chile beteiligt, die ich unbedingt empfehlen kann. Wer hartgesotten ist, geht den ganzen Weg von Norden nach Süden. Die 2800 Kilometer sind sehr abwechslungsreich: Man durchquert erst unberührte Wälder, dann patagonisches Grasland. Wenn Sie eine Sache in der Welt des Reisens ändern könnten, welche wäre das? Es klafft eine riesige Lücke zwischen dem, wie sich die Tourismusindustrie verhält, und ihrer Verantwortung. Dass Reiseunternehmen fantastischen Orten den Rahm abschöpfen, ohne etwas zurückzulassen, ist ein echtes moralisches Problem. Wenn der Tourismus sich nicht um das Wohlergehen der Ökologie und der Gemeinden kümmert, dann ist es wie bei den Fischern, die das Meer überfischen: Es wird nicht mehr viele Orte geben. Wenn wir etwas lieben, müssen wir einen Weg finden, konsequent zu seinem Schutz beizutragen.
Bis 1993 waren Sie Geschäftsführerin der Bekleidungsmarke Patagonia. Was hat Sie bewogen, sich dem Naturschutz zu widmen? Mein Mann Doug [der verstorbene Douglas Tompkins, der die Unternehmen North Face und Esprit mitbe gründete, bevor er sich dem Umweltschutz widmete, d. R.] und ich haben realisiert, was mit der Natur ge- schah. Es war Dougs Idee, große Landstriche zu kaufen, sie zusammenzufassen und in Form von Nationalparks an das Land zurückzugeben. Uns war aber auch klar, dass es nicht ausreicht, diese Orte zu erhalten, sondern dass wir auch die Menschen dazu bringen müssen, sie zu lieben, damit sie sich um sie kümmern. Was waren die anfänglichen Herausforderungen? Wir waren die Ersten, die so etwas gemacht haben, und als Ausländer stießen wir auf viel Misstrauen. Außerdem gibt es immer einen Konflikt zwischen denen, die die Juwelen eines Ortes schützen wollen, und denen, die den Wald abholzen möchten. Zwei Dinge wendeten das Blatt: Erstens bauten wir eine Infrastruktur auf, die alle willkommen heißt. Die Menschen begannen, die Parks zu besuchen, und waren schockiert, als sie sahen, dass alles,
tompkinsconservation.org
22 NATIONAL GEOGRAPHIC TRAVELER 3/2022
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