NATIONAL GEOGRAPHIC TRAVELER

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N ebel steigt in dichten Schleiern aus den Baumkronen auf und schwebt über Palmenblatt-Dä- chern. Der dichte Regenwald leuchtet golden in der Morgen- dämmerung, als ich zu Vogelgezwitscher und Wasserrauschen in der Hängematte erwache. Wir sind im indigenen Dorf Kwamalasamuto, tief im Regenwald von Suriname, 500 Kilo- meter von der nächsten Stadt und jeglichem Motorengeräusch entfernt. Es ist das größ- te Dorf des Stammes Tiriyó, der in kleinen Waldsiedlungen im südlichen Suriname und in Brasilien lebt und vom Stammeschef, dem sogenannten Granman, angeführt wird. REISE IN DIE VERGANGENHEIT „Seht ihr uns als Menschen oder als Tiere, die im Regenwald leben?“ Ich denke an ges- tern und den eisernen Blick des Dorfältesten. Er brannte mit einer Wut, die sich aus Jahr- hunderten kolonialer Unterdrückung speist und das Leiden vermittelt, den Stolz und die Würde der Tiriyó. Er forderte zu eigentlich selbstverständlichem Respekt auf, der den indigenen Stämmen und ihrer geschichtsrei- chen Kultur oft nicht entgegengebracht wird. Doch dann verwandelte sich der ernste Blick des Granmans in ein warmes Lächeln, und er lud uns zum Abendessen ein: Dschungel- Wildschwein und flaches Kassava-Brot, das man in einer köstlich aromatischen Brühe aufweicht und mit scharfen Chilis isst. Die Tiriyó blicken auf eine jahrtausende- alte Geschichte zurück. Vom Ältestenrat be- kommen wir die Erlaubnis, die den Tiriyó heilige Stätte aufzusuchen, die sie Werehpai nennen. Eine mehr als zehn Kilometer lange

Fahrt in einem Langboot der Tiriyó und eine mehrstündige Wanderung führen uns zu der weitgehend unerforschten archäologischen Fundstätte. Abgesehen von den Einwohnern selbst haben Werehpai kaum 50 Menschen gesehen, darunter Expeditionen der Yale University und der Smithsonian Institution, die das Alter der Petroglyphen auf etwa 5000 Jahre datiert haben. Inmitten der dichten Lianen, bunten Insek- ten und exotischen Fruchtbäume des Regen- waldes erheben sich plötzlich riesige Basalt- felsen, die von Gängen und Hohlräumen durchsetzt sind, fast durchgehend mit mehr als 300 Petroglyphen verziert. Mit Steinmei- ßel und Hammerstein haben die Vorfahren der Tiriyó Symbole und Figuren in die Fel- sen geritzt. Jahrtausende später steigen wir durch schmale Felskluften und tiefe Höhlen,

Den indigenen Stämmen und ihrer Kultur wird oft nicht der Respekt entgegengebracht, den sie verdienen.

Von links: Von Wasserfällen

bis zu Savannen reicht die Vielfalt der Ökosysteme. Kwamalasamutu ist das Hauptdorf der Tiriyó. Der indigene Guide John führt uns zu den Petroglyphen von Werehpai.

um die mysteriösen Botschaften zu fotogra- fieren. Eine erinnert an das Symbol der Gott- heit der Urvölker der Anden in Peru: Pacha- mama – Mutter Natur. Selbst die erfahrenen Expeditionsmitglieder sind ergriffen. WUNDERBARES GRÜN Auch die Natur ist hier ein Fenster in die Ver- gangenheit: unberührt, unkultiviert, strot- zend vor Leben. Suriname ist zwar das kleins- te unabhängige Land Südamerikas, aber mit 93 Prozent Regenwald das grünste der Welt. In den küstennahen Sumpfgebieten streifen Schwärme von scharlachroten Ibissen die Baumkronen, elegante Flamingos plustern sich im Morgenlicht auf, und dreifarbige Rei- her spiegeln sich im glatten Wasser des Bigi Pan-Sees. „Whoop!“, ruft es aus den Gewäs- sern des steilen Tafelbergs, auf dem wir durch Bäche, Moos und dichtes Gestrüpp wandern.

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SURINAME

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