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Seit zwei Jahrzehnten wohnt die dänische Designerin Tina Sondergaard im Mode-Stadtteil Monti. Sie erklärt, was den berühmten römischen Stil ausmacht. MONTI Eine Frage des Geschmacks in

Tinas Top-Tipps LOL ROMA

Der römische Stil ist ganz anders als der in, sagen wir, Mailand. In Rom kann man tragen, was man will. Und es gibt definitiv viel mehr Farbe als in Mailand, wo Schwarz vorherrscht. Diese Gegend hier ist voller Künstler, kreativer Leute und Designer. Es fühlt sich sehr international, aber gleichzeitig auch sehr römisch an. In Monti sind wir alle etwas rebellisch: Wenn zum Beispiel Rot in dieser Saison in Mode ist, ist das die Farbe, die man hier nicht findet. Der Stil von Monti ist größtenteils das, was man zum Aperitif tragen würde. Die Leute vermischen Sachen – sie mögen es, kreativ zu sein: Hier wird ein schönes Abendkleid mit einer Lederjacke und Turnschuhen kombiniert. Es ist eine sehr menschliche Herangehensweise an Mode. Leute, die Monti besuchen kommen, haben vorher recherchiert. Sie möchten weder Prada noch Gucci oder sonst irgendetwas, das sie auch zu Hause bekommen, sondern wissen, dass Monti andere Dinge bietet. Ich wollte nicht immer Designerin werden. Zum ersten Mal war ich 1982 in Rom. 1988 brach ich mein Jurastudium in Dänemark ab, um hierher zu kommen. Zu­ erst war ich in Borgo Pio, nahe dem Vatikan, als Änderungsschneiderin tätig. Priester ließen regelmäßig ihre Roben bei mir

kürzen. Mein Laden in Borgo Pio boomte, und 2003 zog ich nach Monti. Die Gegend hatte ein besonderes Ambiente. Damals gab es dort nur mich und eine andere Dame gegenüber. Im Lauf der Zeit konnte ich zusehen, wie der Stadtbezirk wuchs. Italienische Kundinnen und Kunden können eine Herausforderung sein. Sie haben oft eine Schneiderin in der Familie und kennen sich mit Stoffen, Schnitten und Längen aus. Die jüngere Generation ist ten­ denziell dabei, diese Tradition zu verlieren – andererseits gibt es viele junge Menschen, die sich ihr wieder zuwenden. Wie auch immer: Ich lasse niemanden mein Geschäft verlassen, wenn es mir nicht gefällt, wie er aussieht. Der Körper muss die Kleidung tragen, nicht andersherum. Ich glaube, dass die Menschen in einer postpandemischen Welt auf der Suche nach Qualität sind. Sie sind sich mehr dessen be­ wusst, was sie tragen und wer es hergestellt hat. Am Tag der Wiedereröffnung nach dem ersten Lockdown im Mai 2020 kam eine Kundin in meinen Laden und sagte: „Das Erste, das ich tun wollte, war, mir ein buntes Kleid zu kaufen.“ Protokoll: Julia Buckley

Würde ich meine Kleidung nicht selbst herstellen, wäre ich die beste Kundin dieses Geschäfts. Als es eröffnete, gab es strikt schwarze und weiße Artikel, jetzt ist alles etwas vermischt und farbig. Es ist eine stylische Kombination aus Mailand und Rom. lolroma.com PERLEI Kely Paucar ist eine echte Künstlerin und macht wundervolle Accessoires und Schmuckstücke – nicht aus Gold oder Silber, sondern aus Stoff und Halbedelsteinen. perlei.com OFFICINERED Die Via del Pellegrino, nahe dem Campo de’ Fiori, ist eine meiner Lieblingsstraßen. Es gibt hier eine Riesenauswahl an Kleidung, Schuhen und Taschen, alles ein bisschen alternativ . officinered.com

MEHR INFO: tinasondergaard.com

80 NATIONAL GEOGRAPHIC TRAVELER 3/2022

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