NATIONAL GEOGRAPHIC TRAVELER

TRASTEVERE Der perfekte Mix in Das ausgedehnte Viertel Trastevere, westlich des Tibers, ist Rom in Miniaturausgabe. Wer die Straßen entlanggeht, entdeckt eine lebhafte Kneipenszene und geschäftige Märkte, aber auch Zeugnisse der spannenden Geschichte und stimmungsvolle Gassen.

Für viele ist der FLOHMARKT PORTA PORTESE in Trastevere, der jeden Sonntag am gleichnamigen Tor stattfindet, gleich- bedeutend mit Rom. Hier findet man alles – von Jesusstatuen bis zu Möbeln aus der Mitte des Jahrhunderts. Falls Sie eher etwas Maßgeschneidertes suchen, finden Sie immer noch einige der Kunsthandwerker in den weniger hektischen Straßen um die Kirche Santa Cecilia in Trastevere. GIUSEPPE UND ISABELLA CIUFFETTI nähen in der Via S. Cecilia 30 von Hand und bieten elegante Taschen, Geldbörsen und Gürtel aus toskanischem Leder an. Gegenüber liegt LA CRAVATTA SU MISURA , das Ein-Frau-Unternehmen von Melania Flamini, wo man Schals und Krawatten erstehen kann. facebook.com/ mercatodomenicaleportaportese, cravattasumisura.it Trastevere schafft es auch, die stolzen Ursprünge der Arbeiterklasse mit Hochkultur zu vermischen. DIE VILLA FARNESINA aus dem 16. Jahrhundert enthält unter anderem Fresken von Raffael. Planen Sie auch genug Zeit für den ORTO BOTANICO DI ROMA ein. Der botanische Garten der Stadt ist voll mit alten Zedern und Eichen. Folgen Sie dem eleganten dreispurigen Boulevard zur PIAZZA GARIBALDI , von wo aus man eine tolle Aussicht auf die Stadt hat. villafarnesina.it Was wäre Trastevere ohne einen Besuch im Nachtleben? Das meiste spielt sich um den Bereich von der Piazza Trilussa zum Viale di Trastevere ab. Etwas zu essen findet man in einer der historischen Pizzerias des Viertels – entweder IVO A TRASTEVERE oder AI MARMI . Im FRENI E FRIZIONI gibt es krea- tive Cocktails – wem jedoch der Sinn nach dem klassischen Rom steht, sollte sich zur BAR SAN CALISTO begeben, einer einheimischen Institution. ivoatrastevere.it, facebook.com/ aimarmi, freniefrizioni.com, barsancalisto.it // Julia Buckley

Trastevere bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. An- hänger der Kneipenwelt stürzen sich ins Nachtleben, andere bewundern die hübschen gepflasterten Straßen im Boho- Look. Und viele Römer sind der Ansicht, dass der Ort am Ende ist – ruiniert durch die Touristen, die Kunsthandwerker der Vergangenheit durch Hipster-Bars verdrängt. Doch auch wenn es sich hier nicht mehr um die stolze Arbeiter­ gegend handelt, die mit urigen Trattorias und Werkstätten vollgestopft ist, ist es auch keine seelenlose Gastromeile, die nur auf Besucher abzielt. Das alte Trastevere ist noch da, wenn man etwas genauer hinsieht. Obwohl die Gegend sich außerhalb der Hauptstadtmauer befand (die wörtliche Bedeutung von trastevere ist „jenseits des Tiber“), gibt es hier reichlich uralte Relikte. In der Kirche SANTA CECILIA IN TRASTEVERE gelangen Besucher über eine Treppe nach unten in eine ehemalige römische Wohnstätte aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus. Dort findet man auch den Sarkophag von St. Cecilia, einer Römerin, die angeblich an diesem Ort den Märtyrertod starb, da sie sich zum Christentum bekehrte. Und auch in den mittelalterli- chen VICOLI fühlt man sich um Jahrhunderte zurückversetzt. Diese Gassen verlaufen zickzackförmig durch das Viertel – im südöstlichen Teil von Trastevere sind immer noch Wäsche- leinen oberhalb der Pflastersteine gespannt, und Bougain­ villeen wachsen an den Wänden hoch. Von der Via dei Salumi führen einige der hübschesten Vicoli weg, und in dieser Ecke des Viertels befindet sich auch die SANT’ANDREA DE SCAPHIS , ein Paradebeispiel für den Mix aus uralt und modern: Die barocke Kapelle ist heute eine ultramoderne Kunstgalerie. benedettinesantacecilia.it, santandreadescaphis.com

Das Geheimnis römischer Pizza Die Pizzeria Ai Marmi sorgt seit über 90 Jahren für das leibliche Wohl der Trasteverini. Besitzer Renzo Panattoni erklärt, worauf es ankommt.

WAS IST AN RÖMISCHER PIZZA SO BESONDERS? Sie besteht aus Mehl, Olivenöl, Hefe und etwas Salz, sonst nichts. Ai Marmi nutzt seit der Eröffnung 1931 dasselbe Rezept. Die Pizzas in Rom sind dünner als die in Neapel, weil sie weiter gestreckt und etwas länger gebacken werden. Ich backe meine für drei Minuten.

WELCHE GESCHICHTE HAT PIZZA IN TRASTEVERE? Als ich in den 1960ern hier ankam, gab es nur ein paar Pizzerias. Es waren die Toskaner, die die Pizza zuerst nach Rom brachten, nicht die Neapolitaner. Sie eröffneten Geschäfte, die neben Pizza außerdem Kuchen anboten – so fing auch meine Familie an.

WOMIT BELEGEN SIE IHRE PIZZA? In den 1980ern hatten wir vier Beläge: Margherita, Marinara, Pilze und Schinken. Andere belegten ihre Pizzas mit Seltsamem wie Ananas, also haben wir uns auch verändert. Aber mehr als eine Capricciosa mit Schinken, Artischocken und Pilzen gibt es bei mir nicht.

82 NATIONAL GEOGRAPHIC TRAVELER 3/2022

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