Schöner Südwesten

weht ein süßlicher Duft herüber – es riecht nach Sommer. Beim Lenken wird die Stange so tief wie möglich eingetaucht und auch als Ruder benutzt. Je länger die Boote, desto schwieriger das Wendemanöver auf dem teilweise recht schmalen Gewässer. Doch für einen erfahrenen „Gondoliere“ letztlich kein Problem. Bootsbauer mit Monopol Rund 130 Liegeplätze gibt es in Tübingen für Studentenverbindungen, Bootsgemein- schaften und gewerbliche Stocherkahn- Fahrer. „Es ist gar nicht so einfach einen Bootsliegeplatz zu bekommen“, weiß Rudolf Raidt zu berichten. Seit 2008 hat der Zimmerermeister seine Werkstatt im Ortsteil Hirschau, ein paar Kilometer von der idyllischen Neckarfront entfernt. Sein Blick fällt beim Arbeiten zwar nicht aufs Wasser, aber dafür direkt ins Grüne und auf die Hirschauer Berge. In seiner Werkstatt riecht es nach Holz, Farbe und Leim. Gerade steht mitten in der Halle ein Stocherkahn im Bau. Rund zehn Meter ist er lang und reicht fast von einer Hallen- seite auf die andere. Bug, Heck, Seitenwände und Boden hat das Boot bereits. Nur beim Innenausbau muss Raidt noch Hand anlegen und die Halterungen zum Auflegen der Sitzbretter anschrauben. Im fertigen Boot, das eine Tübinger Bootsgemeinschaft in Auftrag ge- geben hat, können rund 16 Personen Platz nehmen. Wenn der Innenausbau ganz abgeschlossen ist, bekommt es in der Halle nebenan seinen Anstrich. Gut 80 Arbeits- stunden stecken in einem großen Kahn, der je nach Ausführung zwischen 4.000 und 8.000 Euro kosten kann. Ein Kahn – viele Namen „In Tübingen dürfen die Stocherkähne nicht länger als zehn Meter 80 sein“, weiß der Zimmerer, der sich in den Wintermonaten auf den Bootsbau spezialisiert hat. Er sei da auf eine Marktlücke gestoßen, nicht nur was den Bedarf in Tübingen betrifft. „Dank der Boote komme ich mit meinem kleinen Betrieb raus in die Welt“, erklärt er stolz. Seine Stocherkähne gehen nach Eng- land, Frankreich und regelmäßig nach Ulm. Stocherkähne haben nicht nur auf dem Neckar eine lange Tradition, sondern auch auf anderen Flüssen in Deutschland. „Auf der Donau heißen sie Zille, auf dem Rhein

Wenn der Kahn fertig ist, finden hier 16 Personen sitzend Platz, plus der stehende „Stocherer“.

21

Made with FlippingBook flipbook maker