Schöner Südwesten

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Wasserspaß auf dem Neckar EINSTEIGEN UND LOSFAHREN

Stocherkahn-Fahrten , für Gruppen ab 5 Pers. oder Einzel- personen, Grill-Events und weitere Aktivitäten auf dem Boot, können auch über die Tourist-Info Tübingen gebucht werden, www.tuebingen-info.de Stocherkahn-Fahren kann jeder probieren, beispielsweise in der Stocherkahn-Fahrschule, www.stocherkahn.de/stocherkahn/16-fahrschule oder auch www.stocherkahn-tuebingen.neckar-caruso.de/

Die Stocherstangen werden komplett aus einem Fichtenstamm gemacht. Für jeden Bootsführer in Länge und Dicke eine individuelle Stake.

Zimmerermeister Rudolf Raidt nutzt für den Bootsbau Dreischichtplatten aus heimischem, widerstandsfähigem Lärchenholz.

Arbeitsplattformen, zur Beförderung von Waren und Vieh und als Fähren eingesetzt. „Nachdem sie als Arbeitsboote nicht mehr genutzt worden sind, belebten die Tübinger Studenten die alte Tradition wieder – als Teil der studentischen Kultur“, weiß der Meister, der selbst einer Boots- gemeinschaft angehört. Inzwischen gibt es auch zahlreiche touristische Angebote von gewerblichen Stocherkahn-Fahrern. Widerstandsfähiges Lärchenholz Auf einem Regal an der Werkstattwand liegen Stocher-Stangen in ganz unterschied- lichen Längen und Durchmessern. „Wer mit viel Kraft stochert, braucht eine dicke Stange“, erklärt der Zimmerer. Sonst würden sie gleich abbrechen. Die Stangen oder Staken seien jeweils aus einem einzigen Fichtenstamm gemacht. Da ist es nicht immer ganz einfach, die passenden Bäumchen zu finden. „Profis machen ihre Stangen am liebsten selbst“,

hat Rudolf Raidt herausgefunden. Er hat inzwischen sehr viel Erfahrung mit dem Bootsbau und seinen Anforderungen. So hat er lange darüber gegrübelt, wel- che Höhe für die Sitzbretter wohl am bes- ten sei. Nun bringt er sie auf 37,5 Zentime- tern Höhe an. Neben den Stangen stapeln sich Holzplatten. Raidts Boote werden aus Dreischichtplatten aus Lärchenholz gefer- tigt. Der Handwerker nimmt ein Stück Lärche und weist auf die rötliche Färbung hin: „Lärche ist heimisch, resistent und verfügbar“, zählt er ihre Vorteile auf. Der rötliche Ton komme von den Harzen, die das Holz besonders wider- standsfähig machen. Die Stocher-Stangen aus Fichte wirken dagegen ganz bleich. Wenn man die Boote gut pflegt, also regel- mäßig putzt und ölt, halten sie mehr als 20 Jahre. Auch einige Ordner liegen in der Halle. Sie enthalten die genauen Baupläne eines jeden Bootes, denn am Ende ist jeder einzelne Stocherkahn ein echtes Unikat.

Nachen und auf dem Main Schellen“, erklärt der Bootsbauer. Die wohl bekanntesten Stocherkähne fahren als Gondeln über den Canale Grande in Venedig. Über die Alpen seien sie einst ins Veneto gekommen. Je nach Region unterscheiden sich die Boote nur in Details, beispielsweise in der Anord- nung der Sitze, der Gestaltung des Bugs oder der Höhe der Bordwand. Die Bezeich- nung Stocherkahn bezieht sich auf die Art des Antriebs und wird sowohl in Tübingen wie auch im Spreewald verwendet. „In Tübingen sind sie edler als die eher derben Nachen. Außerdem sitzt man sich gegenüber und kann beim Fahren mit jedem reden“, verweist Rudolf Raidt auf die gesellige Seite der lokalen Wasserfahrzeuge. Allesamt gehören sie zur Familie der „Drei- borde", also je ein Brett für die beiden Seiten und den Boden. Stocherkähne, Nachen und Zillen sind robuste, pflegeleichte Boote mit geringem Tiefgang und hoher Tragfä- higkeit. Sie wurden einst zum Angeln, als

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Schöner Südwesten 4 | 2022

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