Schöner Südwesten

Fütterung im großen und großzügigen Schafstall. Um sich wohl zu fühlen, erhalten die Schafe wiederkäuergerecht rohfaserreiches Heu oder Silage.

Eheleute Fischer getrennt. Eine Zäsur nach der langen gemeinsamen Aufbauarbeit, aber für Fischer kein Grund zum Aufgeben. Sein Lebenswerk will er trotz der privaten Veränderungen nicht aufgeben, sondern für die nächste Generation einen frucht- baren Boden bereiten. Schafe als Landschaftspfleger Die Arbeit als Schäfer führt die jungen Fischers mit ihren Tieren bis weit ins Jagst- tal hinein. Aktive Landschaftspflege nennt man das, die empfindlichen Trockenhänge werden durch die Schafbeweidung frei von Baumbewuchs gehalten. Viele Wiesen wären längst verwachsen, verstrüppt oder verwaldet, wenn die Schafe nicht regelmäßig für Ordnung sorgen würden. Nur was Dornen hat oder bitter schmeckt wird verschont. Alles andere findet das Schaf großartig und verputzt es ohne Wenn und Aber. So halten die Tiere die Wiesenmatten und Hangwiesen kurz und bunt. Die Schafhaltung trägt deshalb in Hohenlohe (und überall auf der Welt) dazu bei, dass die Landschaft so erhalten bleibt, wie sie ist: artenreich und blühend. Im Fall von Hohenlohe resultiert daraus eine idyllische Postkartenlandschaft. Die eigentliche Käserei ist weniger idyl- lisch, sondern harte Plackerei, gepaart mit

Geduld, Gefühl und Raffinesse. Bis zu sechs Tonnen Biokäse produziert Fischer im Jahr und hat dabei nach jahrelangem Experimentieren zehn Sorten Rohmilch- käse in Demeter-Qualität im Programm. In den vergangenen 30 Jahren sind so un- ter anderem aromatischer Pecorino, sanft schmelzender Camembert und kräftiger Blue-Grey in Handarbeit entstanden und werden von den Verbrauchern geschätzt und nachgefragt. Weitere Sorten sind Schaf-Picco, Robiola, Pyrenäe, Roggen- Blau oder Ricardo. Entgegen festgefahrenen Vorurteilen ist Schafmilch enorm vielseitig. Sie „bockelt“ nicht wie z.B. Ziegenmilch und der krea- tive Fischer entwickelte daraus auch eine einzigartige Bio-Eiscreme. Bei sommerli- chen Wanderungen im Hohenlohischen sollte man unbedingt eine Station an der Schafkäserei einplanen. Auf der Eiskarte sehen unter anderem: Himbeer-, Kaffee- und Schokoladeneis, aber auch ausgefal- lene Sorten wie Molke-Ingwer und Roque-Blue-Birne. Natürlich auch hier alles Handarbeit. Von der Milch zum Laib Der Käser erhitzt die morgenwarme Schafsmilch unter Rühren und bringt sie mit Lab, einem Enzym aus dem

alteingesessenen Bauern, für die alternativer Landbau und „Bio“ noch ein Buch mit sieben Siegeln waren. 20 Jahre später und um viele Erfahrun- gen reicher erwarb Fischer ein großes Stück Land auf einem sonnigen Höhenzug über den Jagsttal. Fischer baute seinen eigenen Aussiedlerhof nach der Sonne ausgerichtet und nach Demeter-Richtlinien. Mit großem Schafstall, einer Käserei, Naturgewölbekel- lern, einem Hofladen und Wohnhaus. Alles aus Holz und Glas, mit bunten Blumenwie- sen auf den Gebäude-Dächern und einer Holzhütte auf Stelzen, die wie ein schräger Hybrid aus einer Kapelle und einem Hexenhäuschen wirkt. Da ein Stück des Jakobswegs quer durch das Kocher- und Jagsttal von Langenburg nach Schwäbisch-Hall direkt an der Hof- käserei vorbeiführt, bietet Fischer die höl- zerne Herberge als Übernachtungsquartier für durchziehende Pilger an. Sein Beitrag gelebter Seelsorge, um mit spirituellen Sinnsuchern jeden Alters nach wie vor im Austausch zu bleiben. Seit sich Fischers Sohn Wendelin zum Meister für ökologischen Landbau ausbilden ließ und mit seiner Familie hundertprozen- tig im Betrieb engagiert, konzentriert sich der Altbauer auf die Käserei. Zudem haben sich nach 31 Ehejahren die Wege der

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Schöner Südwesten 4 | 2022

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