Schöner Südwesten

kürzer als Stefan Stieners mächtiger Fast- Sieben-Meter- Sprung bei einem Sportfest in Nagold. Die Folge: ein empfindlich verdrehtes Knie. Das Bein des jungen Kerls musste eingegipst werden. Als die Knochenstütze wegkam, war Kraft(wieder)aufbau angesagt. Was tun? Stefan Stiener, ein 1,90 Meter großer, baumstarker Kerl, packte das alte Fünf-Gang-Rädle seines Vaters aus und trainierte seinen Formaufbau schonend Im Nachhinein, so muss man wohl sagen, ein Glücksfall. Denn obschon der Drahtesel ein schwerer schwäbischer „Gebbl“ war: Stiener fand Gefallen an der Bewegung an der frischen Luft. Fahrtwind um die Nase hat halt was. Und so ließ den jungen Mann die Faszination Fahrrad nie mehr los. Sie hat ihn mehr begeistert als ein Architektur- studium in Stuttgart, das er hinwarf. Anders als seine Ehegattin Patricia Rose, die es beendet hat. Stefan Stiener hatte offensichtlich eine andere Mission – Fahrrad-Architektur, so könnte man sagen. Damals genoss er als Mittzwanziger selbstbestimmte Mobilität und die freigesetzten Endorphine. Von seinem ersten Lohnsteuerjahresausgleich beschaffte er sich einen französischen Motobécane-Halbrenner, ein klassisches Stahlrahmen-Rad, und fuhr damit nach Belgien. „Aber die Bremsen waren Mist, und die Laufräder waren es auch“, lacht Stie- ner, heute 61, wenn er sich zurück erinnert. Also fing er das Basteln und Schrauben an. Eine Keller-Garage in Ostelsheim war die Geburtsstunde für ein Unternehmen, das man heutzutage ein „Start-Up“ nennen zurück zu alter Stärke. Rädle statt Häusle würde. Mit einem Kumpel zusammen eröffnete Stiener einen kleinen Radladen im Nebenerwerb. So kann es gehen, wenn man(n) viele Ideen, das nötige Quentchen Glück und keine zwei linken Hände hat. Mit Rennrädern startend – die Rahmen kamen anfangs von der bekannten Firma Centurion aus Magstadt – war Stefan Stiener „wissbegierig und offen“. Genau zu jener Zeit, als aus den USA der Mountain-Bike- Boom herüber schwappte. Was viele Rad- händler für eine vorübergehende Mode hielten und ignorierten, infizierte Stiener in seiner kleinen Rad-Boutique. Auf diesen Trend stieg er auf, zog 1995 mit seinem

Radeln gemeinsam durchs Leben – das innovative und kreative Tandem Stefan Stiener und Patricia Rose.

Vélo und dem deutschen Traum ist Stefan Stiener bis heute stolz. Der Markenname, sagt er, sei ihm selbstverpflichtender Anspruch. Wer auf einem Velo seiner Manufaktur unterwegs ist, soll nämlich einen Traum erfahren und kein Trauma.

kleinen Radladen in den Mäurlesgang in der Weil der Städter Altstadt. An den Schriftzug „Velotraum“ dort im Schaufenster können sich noch viele Pedaleure gut erinnern. „Velotraum“, auf die Kombination aus dem französischen

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