NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY

PORTRÄT ROSA LUXEMBURG

EINE GROSSE REDNERIN Rosa Luxemburg war bei politischen Kundgebungen wie dem Internationalen Sozialistenkongress in Stutt- gart 1907 sehr gefragt.

der Familienstrukturen und sogar der gesellschaftlichen Denkweise vor. Anders als Sozialisten, die auf schritt- weise Reformen innerhalb des kapi- talistischen Systems setzten, war sie überzeugt, dass eine sozialistische Ge- sellschaft nur durch eine revolutionä- re Massenbewegung erreicht werden könne. Dabei lehnte sie jedoch autori- täre Methoden und staatlichen Terror

nungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in dem die Bürokratie al- lein das tätige Element bleibt“, so Lu- xemburg. Für sie sollte die Revolution das Ergebnis der spontanen Initiative der Arbeiter sein, vor allem durch Streiks. Die „blutige Rosa“ Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Rosa Luxemburg durch ihre Schriften und ihr politisches Engagement zu einer promi- nenten Figur der sozialistischen Bewe- gung. 1905 reiste sie nach Polen, um die revolutionäre Bewegung zu unterstützen. Dort wurde sie verhaftet und mehrere Mo- nate lang eingesperrt. Auch in Deutsch- land sorgten ihre radikalen Positionen für heftige Kontroversen. Konservative und Nationalisten betrachteten die „blu- tige Rosa“ als gefährliche Umstürzlerin, selbst gemäßigte Sozialdemokraten sa- hen ihre revolutionären Ideen kritisch.

strikt ab. Für Luxemburg durfte die Revolution nicht die Demokratie zer- stören – im Gegenteil: Sie betrachtete umfassende demokratische Strukturen als grundlegende Voraussetzung für eine sozialistische Ordnung. Aus diesem Grund kritisierte sie die Politik Lenins und der Bolschewiki scharf. Sie warf ihnen vor, nach der Russischen Revolution von 1917 demo-

kratische Errungenschaften zu untergraben und eine Partei- diktatur zu errichten, anstatt eine sozialistische Demokratie auf der Basis aktiver Mitbestim- mung der Arbeiter zu schaffen. „Ist dem aber so, dann ist es klar, dass der Sozialismus sich seiner Natur nach nicht oktroyieren lässt, durch Ukasse einführen. […] Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Ver- sammlungsfreiheit, freien Mei-

WAHLPLAKAT des Spartakusbundes von 1920.

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