NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY

D em römischen Politiker und Feldherrn Gaius Julius Cäsar eilte der Ruf eines Frauenhelden voraus. Ins- gesamt dreimal verheiratet, pflegte er gerne und leidenschaftlich außereheliche Affären. Sein an- tiker Biograf Sueton, Experte, was Cäsars amouröses Leben angeht, wusste von hochrangigen Partnerinnen zu berichten: „Liebesbeziehungen unterhielt er auch zu Königinnen.“

Doch eine dieser Königinnen stach alle anderen aus: „Am meisten“, berichtet Sueton, „liebte er Kleopatra.“ Und fügt als Bestätigung dieser Aus- sage hinzu: „An ihrer Seite dehnte er Gelage bis zum frühen Morgen aus.“ Cäsar war es gewohnt zu siegen. Und so glaubte er auch, Kleopatra für sich gewonnen zu haben. In Wirklichkeit aber war es genau umgekehrt: Kleo- patra gewann Cäsar. Während der Römer meinte, die ägyptische Königin sei seinem viel erprobten, unwiderstehlichen Charme erlegen, nutzte sie die Verliebtheit des 31 Jahre älteren Mannes konse- quent aus, um ihre ehrgeizigen politischen Ziele zu erreichen. Und als ihr großer Gönner unter tragischen Umständen starb, gelang ihr dasselbe Kunststück noch einmal, indem sie wieder einen mächtigen Römer so sehr faszinierte, dass er ihr alle Wünsche erfüllte. Kleopatra war Königin von Ägypten, aber keine Ägypterin. Sie gehörte zur griechisch-makedo- nischen Dynastie der Ptolemäer, die nach der Eroberung des Nillandes durch Alexander den Großen 332 v. Chr. ans Ruder gekommen war. Die Monarchen residierten in einem prächtigen Palastkomplex in der Hauptstadt Alexandria. Die Ressourcen des fruchtbaren Landes mit den Exportschlagern Getreide und Papyrus spülten

viel Geld in die königlichen Kassen. Die frem- den Herrscher regierten nach dem Vorbild der alten ägyptischen Pharaonen – unnahbar, abso- lut und gottgleich. Land am Abgrund Doch im 1. Jahrhundert v. Chr. war es mit den glor- reichen Zeiten vorbei. Schwache Könige, Intrigen am Hof, Missernten und nicht zuletzt der Aufstieg Roms zur führenden Macht im Mittelmeerraum brachten den ägyptischen Koloss ins Wanken. Ptolemaios XII., der Vater der Kleopatra, den die Zeitgenossen als Auletes , „Flötenspieler“, verspot- teten, weil er sich wohl mehr für musikalische Darbietungen als für die Politik interessierte, war eine Marionette am Gängelband der Römer. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, dass die Senatoren Ägypten dem römischen Imperium einverleibten. Ptolemaios XII. war oft in Rom ge- wesen und hatte mit seinen Klagen und devoten Auftritten nicht gerade Respekt und Sympathie geerntet. Zum Glück waren die Politiker in Rom zu dieser Zeit so zerstritten, dass keiner dem an- deren über den Weg traute. Ägypten zu erobern, bedeutete nach der römischen Herrschaftspraxis, einem Senator die Verwaltung des reichen Landes zu überlassen. Wer aber konnte garantieren, dass

KÖNIGLICHE MÜNZE Rückseite einer Münze, die während der Herr­ schaft von Kleopatra VII. geprägt wurde. Zu sehen ist ein Adler. Der griechi­ sche Buchstabe pi gibt den Wert der Münze an: 80 Bronzedrachmen (British Museum, London).

69 v. Chr. Kleopatra, Tochter von Ptolemaios XII., kommt in Alexandria zur Welt.

51 v. Chr. Gemäß dem Testament des Vaters gelangt sie mit ihrem Bruder auf den Thron.

44 v. Chr. Nach dem Tod der beiden Brüder herrscht Kleopatra mit Cäsarion.

30 v. Chr. Die ägyptische Königin stirbt nach der Niederlage von Actium durch Selbstmord.

CHRONOLOGIE LEBEN DER KÖNIGIN

SPHINX-FIGUR, die die Züge von Ptolemaios XII. trägt: Er war der Vater von Kleopatra.

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