NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY

äußerst originelles und für die Zeit ungewöhn- liches Gebäude. Vermutlich war Antelami auch am Bau der Basilika Sant’Andrea in Vercelli betei- ligt, die 1219 begonnen und 1227 fertiggestellt wur- de. Sie gilt als eines der bedeutendsten Werke des romanisch-gotischen Übergangsstils. Hier wur- den dem romanischen Urbau nämlich gotische Elemente wie Kreuzrippengewölbe, Strebebögen und die Rosette an der Fassade hinzugefügt. An- telami starb um 1230, als die Gotik in ganz Europa bereits stilbeherrschend war. Straßburg als Baumeister-Magnet Im mitteleuropäischen Raum gab es namhafte Architekten, die oft regelrechte Handwerker- dynastien begründeten. Einer von ihnen war Peter Parler, Mitglied einer bedeutenden Familie von Steinmetzen, Bildhauern und Baumeistern aus Schwäbisch Gmünd, die an den Kathedralen von Ulm, Basel und Freiburg mitwirkten. Seine berühmtesten Werke schuf Parler in Prag, wo er 1356 im Alter von 23 Jahren von Karl IV. zum Dom- baumeister berufen wurde. Der römisch-deut- sche Kaiser wollte Prag zur prächtigen Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reichs ausbauen. Unter Parler entstanden fortan be- deutende Bauwerke wie die Karlsbrücke und der Veitsdom. Zu seinen herausragenden Leis- tungen zählt das sogenannte Netzgewölbe, ein innovatives System von Zickzackrippen, das die Struktur verstärkt und ihr eine größere ornamen- tale Dynamik verleiht. Parlers Söhne und Neffen setzten sein Werk fort und behielten dabei seine Stilelemente bei. Der „Parler-Stil“ verbreitete sich deshalb in ganz Europa. Das Straßburger Münster zog ebenfalls mehre- re berühmte Architekten an. Einer der bekann- testen war Erwin von Steinbach. Ausgebildet in der Bauhütte von Notre-Dame in Paris, wurde er um 1277 zum Baumeister des Gotteshauses in Straßburg ernannt. Er leitete die Arbeiten an der bereits begonnenen Westfassade bis zu seinem Tod 1318 und entwarf einen der drei erhaltenen Baupläne. Um seine Person ranken sich zahl- reiche Legenden. Eine davon berichtet von einer angeblichen Tochter namens Sabina, die auf sei- nen Wunsch hin einen Teil der Skulpturen der Kathedrale geschaffen haben soll.

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