NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY

Anmut, hinterließ einen großen Eindruck. Ein Vergnügen war es auch, ihrer Stimme zu lauschen.“ An dem hingerissenen Cäsar erprobte sie erst­ mals die „Methode Kleopatra“. Das Rezept war an sich einfach. Sie musste den mächtigsten Mann von Rom für sich gewinnen, um ihre beiden Ziele zu erreichen: Sie wollte über Ägypten herrschen und sicherstellen, dass das Land am Nil unabhän­ gig blieb. Diese Pläne verfolgte sie mit hoher Intel­ ligenz und bemerkenswerter Konsequenz. Cäsar tat alles, was sie wollte – spätestens nachdem sie mit ihm wohl noch eine lange Nilkreuzfahrt unternommen hatte. Er besiegte ihre internen Widersacher. Ptolemaios XIII. ertrank nach einer schweren Niederlage bei Alexandria im Nil. Cäsar setzte Kleopatra auf den Thron und stellte ihr den jüngsten Bruder Ptolemaios XIV. als Mitherrscher an die Seite. Die Schwester Arsinoe, die sich auf die Seite von Kleopatras Gegnern geschlagen hat­ te, wurde ins Exil nach Ephesos geschickt. Als Cäsar neun Monate später Ägypten wieder ver­ ließ, war Kleopatra hochschwanger. Kurze Zeit später brachte sie einen Sohn zur Welt. Offiziell hieß er Ptolemaios (XV.), doch alle Welt nannte ihn „Cäsarion“, den „kleinen Cäsar“. Dank Cäsars Protektion stand Kleopatra nun ganz oben. Und Cäsar stieg in Rom zum unum­ schränkten „Diktator auf Lebenszeit“ auf. Nicht aus Liebe, wie Cäsar dachte, sondern um sicher­ zugehen, dass ihr Mentor seine Haltung ihr ge­ genüber nicht änderte, zog Kleopatra mit Cäsa­ rion und großem Gefolge nach Rom, wo sie von Cäsar in einer Prachtvilla im heutigen Stadtteil Trastevere untergebracht wurde. Zwei Jahre blieb sie in der Hauptstadt, dann passierte eine Kata­ strophe: An den Iden des März, dem 15. März 44 v. Chr., wurde Cäsar Opfer eines Attentats. Kleo­ patra, bei den Senatoren und bei der Bevölkerung nicht besonders beliebt, bestieg eilends ein Schiff

DIE SCHWESTER ALS BEUTE BEI CÄSARS TRIUMPHZUG in Rom präsentierte der Imperator un- ter anderem Kleopatras geschlagene Schwester Arsinoe, die sich während der Machtkämpfe auf die Seite der Gegner von Cäsar und Kleopatra gestellt hatte. Arsinoe (hier auf einem Stich von 1888 dargestellt) ging anschließend zunächst in Ephesos ins Exil – und wurde später getötet, vermutlich auf Wunsch Kleopatras.

des Imperiums als Aufgabenbereich erhielt, war ihr klar, was zu tun war. Sie hatte sein Persönlich­ keitsprofil studiert und wusste: Er war wohl eher schlicht gestrickt, hatte nicht das Format eines Cäsar. Ihn musste sie auf andere Weise beeindru­ cken. Die Gelegenheit bot sich, als Antonius die jetzt 28-jährige Königin 41 v. Chr. zu einem Tref- fen nach Tarsos lud. Kleopatra kam auf einem Prunkschiff und gestaltete die Ankunft im Hafen zu einer perfekten Inszenierung. „Die Königin lag“, berichtet Plutarch, „unter einem reich mit Gold verzierten Sonnendach, gekleidet und geschmückt, wie man Aphrodite ge­ malt sieht, und junge Männer wie gemalte Liebesgötter standen zu beiden Seiten und fächelten ihr Kühlung zu.“

DER KÖNIG UND DIE GOTTHEITEN Die Stele zeigt Cäsarion vor den Göttern: links mit dem Erdgott Geb und dem Krokodilgott Sobek, rechts steht er bei Isis und Min (British Museum, London).

und kehrte nach Alexandria zurück. Heirat mit Marcus Antonius

In Rom brachen wieder Bürgerkriege aus. Um die Macht stritten Octavian, Großneffe und Adop­ tivsohn des ermordeten Diktators, und Marcus Antonius, ein militärischer Haudegen und alter Weggefährte Cäsars. Im fernen Alexandria beob­ achtete Kleopatra genau, wer von den beiden für sie wichtig werden könnte. Als Antonius den Osten

Cäsar wäre das zu viel an Pomp gewe­ sen, für Antonius war es genau richtig. Von diesem Augenblick an erfüllte er Kleopatra jeden Wunsch. Er ließ die

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