NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY

V or den ersten Pharaonen war Ägyp- ten ein geteiltes Land. Im Süden er- streckte sich Oberägypten, das aus dem schmalen Streifen des Nils bestand, wäh- rend im Norden die Deltaarme Unterägypten bildeten. Beide Regionen wurden durch den vom Nil mitgeführten Schlamm genährt, aber das fruchtbare Land war knapp und die Res- sourcen begrenzt. Nach zahlreichen Konflik- ten gelang es dem Süden um 3100 v. Chr., den Norden zu beherrschen. Diese Palette aus Elfenbein, bekannt als Narmer-Palette, erzählt die Geschichte die- ser Eroberung. Auf der Vorderseite sehen wir Narmer, der als erster Herrscher der I. Dynastie gilt, mit allen Insignien des Pharao: der weißen Krone Oberägyptens, dem falschen Bart und dem Stierschwanz am Hüfttuch. Er erscheint als größte Figur, mit erhobener rechter Hand, die eine Keule schwingt, während die linke Hand die Haare des besiegten Feindes packt. Er symbolisiert den Triumph der Ordnung über das Chaos, und von diesem Zeitpunkt an wurden alle ägyptischen Pharaonen auf die gleiche Weise dargestellt: Ptolemäus XII., der mehr als 30 Jahrhunderte später regierte, präsentierte sich auf diese Weise auf dem Pylon des Tempels von Edfu. Auf der Rück- seite der Palette wird Narmer mit der roten Krone von Unterägypten dargestellt, was ihn als den Einiger der beiden Länder bestätigt – auf einem ganzen Haufen toter Feinde. ALTES ÄGYPTEN DIE NARMER- PALETTE

Vorderseite der Palette des Narmer, entdeckt 1898 in Hierakômpolis. Um 3100 v. Chr. Ägyp- tisches Museum, Kairo.

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KULTURGESCHICHTE 97

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