Kolumne ∕ Klemmers Keile
Klingelt’s endlich? Egal ob Gehweg oder Gebirge: Wo Radler freie Bahn wollen, wird es für Fußgänger eng. Alles eine Frage der Lobby: Schuhe kosten einfach zu wenig.
V or einer Weile gingen wir in Erding auf einem schmalen Fußgängerweg, der genau so gekennzeichnet war: nur für Fußgänger. Links ein Zaun und ein Grundstück, rechts eine Bret- terwand. Breite dazwischen: keine 1,5 Me- ter. Uns entgegen kamen vier Radler auf
V erbiete n v erbote n Die sehr große Mountainbike-Community und ihre vielstimmige Lobby beschweren sich gerne darüber, dass »der Naturschutz« sie aus den Bergen rausmobben will. Dabei richten Bergradler in der Natur nicht mehr Schaden an als Wanderer, die Wegkehren abkürzen und dabei ganze Hänge zerstören
Damit ins Gebirge, wo ebenfalls noch nie ein Radler hinter mir geklingelt hat. Vor einer Weile las ich, dass der Landkreis Mies- bach mehrere Landschaftsschutzgebiete neu ausweisen muss. Mountainbiker be- fürchten nun, dass sie »praktisch komplett aus den Bergen zwischen Isar und Wendel- stein verbannt werden«, wie die Süddeut-
E-Bikes in voller Fahrt und ohne erkennbare Lust, auch nur ein bisschen Tempo rauszunehmen. Wir pressten uns an die Bretter- wand und ließen die lächelnden Männlein und Weiblein, alle deut- lich über 60, vorbeibrettern. Kurz darauf meldete die Poli- zei, dass sie in Neufahrn – das liegt ein Stück westlich von Erding – einen ganzen Tag lang Radfahrer kontrolliert habe. Bei 116 kontrol- lierten Radfahrern registrierte sie 52 Verkehrsordnungswidrigkeiten. In 24 Fällen wurden Mängel an der Beleuchtung beanstandet, in elf Fällen eine falsche Straßenbe- nutzung (Geisterradler oder Rad- ler auf Gehwegen). Zwölf Radler hatten beim Radeln telefoniert. Auch das gab es: Zwei Autos wa- ren zu dicht an Radlern vorbeige- fahren. D ie Furc h t d er B i k er . - - - – - . - - . - -
– und über die ich mich gewaltig ärgere. Aber wer nur den Natur- schutz vorschiebt, egal auf wel- cher Seite, lenkt von der Haupt- sache ab: von Menschen auf Fahrrädern und zu Fuß, die ge- meinsam einen mehr oder weni- ger schmalen Weg im Gebirge be- nutzen. Meiner Meinung nach kann das nicht funktionieren. Nicht weil die einen gut und die anderen böse sind, sondern weil die einen zu Fuß gehen und die anderen Fahrrad fahren. Auf We- gen, die oft erheblich schmaler als 2,5 Meter sind. Aber Verbote sind heute ver- boten. Vor allem Konservative machen sich locker und wittern überall grüne Bevormundung. Er- laubt muss sein, was denen Spaß macht, die mehr Geld dafür bezah- len. Wer viele tausend Euro für ein Fahrrad ausgibt, verlangt auch –
sche Zeitung schrieb. In den Schutzgebie- ten könnte das Biken auf allen Wegen verboten werden, die schmäler sind als 2,5 Meter. Aus dem Landratsamt hieß es, man wolle Trails einrichten, ansonsten gelte das Verbot nur auf Wegen bis zu 1,5 Metern Breite. Nun, in der Praxis wird das keinen Unterschied machen. Ich erwarte flächen- deckendes und folgenloses Ignorieren.
einen Return on Investment, sprich freie Fahrt. Fußgänger haben keine Lobby. Schu- he kosten einfach zu wenig.
Ich sehe täglich telefonierende und auf ihre Handys guckende Radfahrer, und auf Bür- gersteigen überholen mich ständig von hinten kommende Radler haarscharf und ohne vorher geklingelt zu haben. Sage ich dann was, werde ich im besten Fall igno- riert, sonst aber auch Blockwart oder Sche- riff genannt.
Axel Klemmer mag sein Fahrrad. Es hat Schutzbleche, Kettenschutz, Beleuchtung und einen Gepäckträger mit Korb.
104 BERGSTEIGER 09/25
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