Bergsteiger

irgendwie möglich – auch heute noch damit konform sein. Der Kalvarienberg und der Weg, den wir dort oben 2005 angelegt haben, wird gerne als Erholungsgebiet genutzt. Wir haben ge- meinsam mit der Bevölkerung und einem Planungsbüro ein Konzept für eine fahrradfreundliche Stadt entworfen. In unserer Fußgängerzone treffen Radlfahrer und Fußgänger aufeinander. Das klappt meistens erstaunlich gut. Manchmal stehe ich sogar selber mit einem Korb Äpfel und Bananen in der Fußgängerzone und belohne Radfahrer, die langsam fahren. Zudem habe ich den Eindruck, dass das Wir-Gefühl, das damals durch den Einbezug der Bevölkerung entstanden ist, noch heute in vielen Aktivitäten nachwirkt. Welche Themen stehen aktuell beim Verein im Fokus? Schon immer waren das vor allem die Natur- und Umweltproble- me. Das wird mit der Klimakrise natürlich nicht weniger. Auch das Thema Verkehr steht im Fokus, etwa in der Schweiz, einem absoluten Transitland. Dort ist immer wahnsinnig viel los auf den Straßen. Aber auch das Gegenteil beschäftigt uns – die Entvölkerung. Zwei Drittel der Alpenbewohner leben in Städten, die aber nur 40 Prozent der Fläche ausmachen. Das hat Folgen für Stadt und Land. Was mich sehr freut – bei allen unterschied- lichen Meinungen im Verein – es wird nie über politische Proble- me gestritten. Alpenstädte des Jahres finden sich in Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz, Slowenien und Deutschland. Wenn man allerdings auf die Liste der Sieger-Städte schaut, fällt auf, dass vor allem Italien und Frankreich das Rennen machen. Deutschland ist nur zwei Mal vertreten, in Österreich gibt es nur eine einzige Alpenstadt des Jahres. Woran liegt das? Ich glaube, in diesen Ländern wird noch mehr mit dem Draußen gelebt. In Deutschland ist das Interesse eher gering an einer »weiteren Auszeichnung«. Und vieles, das muss man auch sagen, ist bei uns einfach sehr kompliziert und bürokratisch.

Bei welchen Projekten des Vereins ist Sonthofen denn aktuell beteiligt? Wir sind etwa bei der Aktion „Climate action in alpine towns“ dabei, wo es darum geht, weniger CO 2 in der Stadt zu produzie- ren. Mit einer Förderung vom Umweltministerium wollen wir Versiegelungen auflösen und große Bäume pflanzen. Wir haben bereits ein fraktionsübergreifendes Papier unterzeichnet, um mehr Grün in der Stadt zu ermöglichen, das macht mich sehr stolz. Politische Unruhen, Kriege, Klimakrise, eine Alpenkonven- tion, die mitunter weit heruntergeschraubt wird – wie schauen Sie da für den Verein in die Zukunft? Ich sehe den Klimawandel als größte Bedrohung unserer Zeit. Und dennoch schaue ich durchaus positiv in die Zukunft. Auch wenn bei uns in Deutschland die Thematik Klimakrise politisch nicht mehr thematisiert wird, ist sie ja da und in der Bevölkerung angekommen – Überschwemmungen, Tornados, Bergstürze. Wir dürfen uns nicht mehr aufs Abwarten beschränken, sondern müssen ins Handeln kommen. Ohne uns dabei zu verzetteln! Man muss die Menschen mitnehmen, verständlich, greifbar sein. Wir können die Klimakrise nicht aufhalten, aber wir können ein Bewusstsein schaffen. Ich hoffe, dass wir auch hier in Sonthofen noch eine Menge Positives vorwärtsbringen. Dabei scheinen viele Probleme wenn man bei Ihnen hier aus dem Bürofenster in die Allgäuer Bergwelt schaut, ziemlich weit weg. Ja, wir haben es schön hier. Aber gerade weil das so ist, sehen wir oft nicht, wie es anderswo ausschaut. Es gibt genügend Pläne und Konzepte, jetzt ist die Zeit des Handelns, denn wir haben eine Verpflichtung für alle, die nach uns kommen. Interview: Nina Ruhland

Mispel-Pflanzaktion zum 20. Jahrestag des Vereins Alpenstadt des Jahres

Das Alpenstadtmuseum blickt auf die Historie, will aber auch aktuelle Debatten anstoßen.

46 BERGSTEIGER 09/25

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