Interview ∕ Bianca Elzenbaumer
»Die Mission ist das gute Leben« 70 Jahre Alpenschutz. Dafür steht die nichtstaatliche Organisation Cipra. Was als wissenschaftlich begründete Abwehr von Großprojekten in den Alpen begann, ist zu einer ökosozialen Bewegung geworden. Für ein »gutes Leben in den Alpen«. Was das sein kann, erklärt Co-Präsidentin Bianca Elzenbaumer.
Interview: Michael Ruhland
BERGSTEIGER: Frau Elzenbaumer, wo steht die Cipra in 70 Jahren? Gibt es sie dann überhaupt noch? BIANCA ELZENBAUMER: Ich hoffe schon. Zwar nicht mehr im heutigen Sinne als Alpenschützer, denn ich hoffe, dass wir den Umschwung zu einem ökologische- ren, sozialeren und nachhaltigeren Leben in den Alpen geschafft haben. Die Cipra sollte es aber für die alpenweite Zusammenarbeit und für den kulturel- len Austausch noch geben. Die Idee, sich gegenseitig zu unterstützen und von den anderen Initiativen zu lernen, hat sich hoffentlich verbreitet und ist ge- wachsen. Die Verbindungen zwischen verschiedenen Alpendörfern, -städten und -tälern sollten gewachsen sein. Und das Verständnis, dass wir alle in einem geographischen und ökologischen ge- meinsamen Raum leben, der sehr wert- voll ist. Was war Ihr größter Erfolg in den vergangenen 70 Jahren, wenn man mal von der Vorbereitung der Alpenkonven- tion absieht? Wir haben uns als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft etabliert und schaffen es immer wieder, dass wir
verständlich ist. Diesen begreifbar ma- chen, warum es wichtig ist zu handeln und manchmal auch nicht zu handeln. Nicht handeln, was meinen Sie damit? In manchen Gebieten musste sich der Mensch mit seinen Bedürfnissen zurück- nehmen, um der Natur eine Chance zu geben. Bei unseren Recherchen zum 70. Geburtstag haben wir mit vielen aus der alten Garde der Cipra Interviews geführt. Im Ergebnis kann man sagen, dass es den Alpen mit Sicherheit schlechter ginge, hätte es die Cipra nicht gegeben. Können Sie in einem Satz sagen, was die Mission der Cipra ist? Die Mission ist das gute Leben in den Alpen, für Menschen und alle anderen Lebewesen. Also spielen auch soziale Themen eine Rolle. Definitiv. Wir stehen nicht nur für Natur- schutz, also Arten- und Pflanzenschutz, sondern für das Thema: Menschen leben in den Alpen und kümmern sich um sie. Wir würden nie sagen, lasst uns die Alpentäler verlassen. Das ist definitiv nicht unsere Position.
Umweltthemen so aufbrechen und diskursiv als auch kreativ vermitteln, dass sie auch in der lokalen Bevölkerung ankommen. Zum Beispiel? Klimawandel, Biodiversität oder Wasser- kraft. Es waren ja Wissenschaftler, die die Cipra gegründet haben. Wir waren ganz zu Anfang eine Kommission der IUCN, der International Union of Conservation of Nature. Es wurde mit den Jahren immer wichtiger zu schauen, wie man dieses von Naturwissenschaftlern gene- rierte Wissen so vermittelt, dass es für jede und jeden, die in den Alpen wohnen
68 BERGSTEIGER 08/22
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