Bergsteiger

»Herzblut treibt an. Man braucht schon etwas, das tiefer geht als nur historisches Interesse.«

meiner Berufung folgen zu können. Ich konnte viele schöne Projekte im Buch- und Filmbereich realisieren. Andererseits aber auch auf privater Ebene, denn dieser Lebensweg hat mich schlussendlich zu meiner Frau und zu meiner Familie geführt. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie vom Suchenden selbst zum Teil der Geschichte geworden sind? Sicherlich mit der Teilnahme an der Expedition 1999. Die hat mich wirklich eingebunden. Vorher war ich zwar beteiligt, aber ich hatte in der Geschichte noch keine Präsenz. 1996 hat es allmählich begonnen, als meine Recherchen zum ersten Mal in einem Buch Erwähnung gefunden haben. Ohne mich jetzt groß in den Mittelpunkt stellen zu wollen oder mir da was drauf einzubilden: Es ist sehr schön, mit der Geschichte verbunden zu sein. Wie hat sich die Recherche im Laufe der Zeit verändert? Mit dem Internet ist die Verbreitung von und der Zugriff auf Informationen viel schneller und umfassender geworden. Anfang der 2000er-Jahre war es zum Beispiel plötzlich viel einfacher, auf antiquarisches Buchmaterial zuzugreifen, man konnte sich Dinge bestellen, von überall auf der Welt. Das hat auch dafür gesorgt, dass mein Archiv innerhalb weniger Jahre enorm gewachsen ist. Der Nachteil: Es kursieren viele unausgegorene Theorien und viele Falschinformationen.

Was ist der Everest für Sie? Vor allem ein Kraftort. Es ist die Aura des Berges. Unmittelbar am Everest möchte ich heutzutage gar nicht mehr sein. Der Massen- tourismus turnt mich ab. Es ist bedauerlich, dass es heute kaum mehr möglich ist, den Berg auf eine pure, selbstbestimmte Weise zu erleben. Aber sich ihm von den noch etwas unbekannteren Seiten zu nähern, das reizt mich. Besonders von der Nord- und Ostseite geht für mich irgendetwas aus. Ich kann nicht genau sagen, was es ist, aber ich merke, dass ich mich dort wohl fühle. Sie bezeichnen das Rätsel um Mallory und Irvine als Angel- schnur, die Sie weit in die Zukunft geworfen haben. Was haben Sie seitdem an Land gezogen? Viele Dinge. Einerseits berufliche, denn durch die Everest-Ge- schichte hatte ich in den vergangenen 25 Jahren das Glück,

Hemmleb 2023 in der Makalu-Barun-Region in Ost-Nepal. Auf dem Oberen Barun-Gletscher gelangte er bis auf etwa 6160 Meter.

72 BERGSTEIGER 09/25

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