Bergsteiger

Touren & Regionen ∕ Pyrenäen

Der Tour de la Massane auf dem Hausberg von Argelès ist weithin sichtbar.

E igentlich hatte ich mir ge- schworen, nie nach Frank- reich zu reisen. Der Franzö- sischunterricht hat einfach zu tiefe Wunden hinterlas- sen. Jetzt stehe ich doch plötzlich hier und werde schon von einem französischen Ta- xifahrer erwartet. Auf den ersten Blick ist es nicht so schlimm: Die Landschaft ist

mediterran, zu heiß ist es aber nicht. Zwi- schen den sanften Bergen haben sich klei- ne Flüsse in das Gestein eingeschnitten und kleine Schluchten geschaffen. Nach- dem ich sowohl den lokalen Verkehr als auch den Fahrstil des Taxifahrers überlebt habe, kann nun die Entspannung beginnen. Kajak, Campen, Wandern Ich bin in Argelès-sur-Mer gelandet. Ein kleines Städtchen zwischen Mittelmeer und Pyrenäen, keine 20 Kilometer von der Grenze zu Spanien entfernt. Die Region bietet zahlreiche Wandermöglichkeiten, wie ich später noch herausfinden werde. Aber nach einem zögerlichen »Bonjour« und »ça va?« mache ich mich erstmal auf Richtung Strand. Dort wartet schon mein Kajak-Guide auf mich. Also Schuhe aus und die Füße in den feinen Kieselstrand eintau- chen lassen. Schon werde ich, im Kajak sitzend, den Wellen des Mittelmeeres ent- gegen geschoben. Ich paddele zusammen mit dem Guide zu einer Stelle vor der Steil- küste. Bei einem Blick seitlich an meinem Wassergefährt vorbei schaue ich durch das überraschend klare Wasser bis auf den Grund. Unten sehe ich lange, dünne, grüne Blätter, die sich im Takt des Wassers be- wegen. Aufmerksam höre ich zu, welch positive Eigenschaften das Seegras hat und wie es hier an der Küste geschützt wird. An

Die Wanderwege sind durchgehend markiert. Viele der Schilder sind auch auf Katalanisch.

der kleinen Steilküste sehe ich vor meinem geistigen Auge bereits einige Boulder-Rou- ten, aber auf das Deep Water Soloing werde ich verzichten: Das Meer ist hier nicht tief genug. Zurück geht es mit dem Kajak an den Strand. Doch wie steigt man aus einem Kajak aus, wenn es keinen Steg und keine Anlandefläche wie auf einem Fluss gibt? Der Guide machts vor, doch ich … mache Bekanntschaft mit dem Mittelmeer. Aber nicht schlimm, die warme Mittelmeerson- ne trocknet mich schnell. Nach einer kurzen Stärkung (mit dem wohl besten Risotto meines Lebens) in der Altstadt von Argelès bin ich wieder zurück am Strand. Dieses Mal geht es aber nicht auf das Meer, sondern nur am Meer ent- lang. Auf dem Küstenweg laufe ich mich für meine morgige Wanderung ein. Der Spa- zierweg verläuft mal an der Küste, mal so- gar direkt am Strand, dann wieder in einem kleinen Wäldchen. Während der Wind durch meine Haare weht, schaue ich nach links, hinaus aufs Meer: Die Wellen sind in- zwischen viel höher und ich bin froh, festen

ARGELÈS Der Ort mit rund 10 000 Einwoh- nern liegt an der französischen Mittelmeerküste, rund 15 Kilometer von der spanischen Grenze entfernt. Mit über 50 Campingplätzen gilt der Ort als Campinghauptstadt Frank- reichs, rund 70 Prozent der Touris- ten sind Franzosen. Früher lauerten an der Küste noch Piraten, heute bietet die Region zahlreiche Möglich- keiten für Wassersport, wie Kajaken, Stand-Up-Paddling und mehr. Dank idealer Wander- und Trailrunnings- trecken, guter Straßen und Schwimmmöglichkeiten ist der Ort auch ein beliebtes Trainingslager für Triathletinnen und Triathleten.

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