Förderung des deutsch-britischen Jugendaustauschs

Hindernisse und begünstigende Faktorendes deutsch-britischen Jugendaustauschs innerhalb des Jugendbereichs

Förderung des deutsch-britischen Jugendaustauschs

geht jedoch hervor, dass dies nur in Nordirland und Wales in nennenswertem Umfang erfolgt, und zwar häufig als ergänzende Finanzierung von Austauschmaß - nahmen, die durch die beiden oben genannten Förder- programme finanziert werden. Bezeichnenderweise ist die Förderung der Jugendarbeit durch lokale Behörden in England und Wales zwischen 2010 und 2020 um 70 % gesunken. 22 „Ich glaube, es ist so wichtig, dass Fördermittel zur Verfügung stehen oder etwas anderes, um das zu ermöglichen. Weil es so viele Dinge gibt, hat man das Gefühl, dass man ständig darum kämpfen muss, die Dinge am Laufen zu halten. Und wenn ich einen magischen Geldbaum hätte, würde ich eher dafür sorgen, dass ich ein engagiertes Team für die Jugendarbeit hätte [als einen Jugendaustausch].“ Britische Fachkraft der Jugendarbeit “Wenn es also freie Mittel für Jugendaustausche gibt, müssen die so gebunden sein, dass sie nur dafür ausgegeben werden können. Ohne das würden zusätzliche Mittel direkt verwendet werden [um Schulden zu begleichen oder die Einstellung von Angeboten zu vermeiden].” Britische Fachkraft der Jugendarbeit Diese gravierenden Einschränkungen in den Förder - mitteln im Vereinigten Königreich drücken sich in einem Mangel an potenziellen Partnern für deutsche Organisa- tionen aus. Die deutschen Befragten beschrieben einen wahrgenommenen Mangel an Interesse seitens der bri- tischen Partner, von Schwierigkeiten, neue Kontakte zu knüpfen, sowie von der Beendigung regelmäßiger Aus - tauschmaßnahmen mit etablierten britischen Partnern, deren Grundfinanzierung gekürzt worden war.

Hinsichtlich der Fördermittelvorschriften und -komplexi- tät beschrieben sowohl die deutschen als auch die bri - tischen Befragten die Komplexität der Anträge im Rahmen des Förderprogramms Erasmus+ Jugend als belastend und waren sehr daran interessiert, Büro- kratie bei künftigen Programmen zu vermeiden. Ins- besondere die deutschen Befragten sprachen sich für Förderungen aus, die die Träger als vertrauenswürdige Expert*innen betrachten und ihnen auf dieser Grund- lage entsprechende Flexibilität einräumen. Viele emp - fanden die Förderrichtlinien bestehender Programme als zu strikt hinsichtlich der Strukturierung und inhalt- lichen Ausgestaltung der Austausche. Dies führt laut den Befragten dazu, dass Austauschmaßnahmen künst - lich so gestaltet werden, dass sie zu den Förderricht- linien passen, wodurch sie dann gegebenenfalls nicht mehr den ermittelten Bedürfnissen der Zielgruppe ent- sprechen. Entsprechend wurde geäußert, dass Förder - programme offener und flexibler sein sollten. Im Rahmen der Interviews wurde auch der Umgang mit Schutz- und Risikobewertungsverfahren als Hindernis in Bezug auf die komplexen Anforderungen auf der Seite des Vereinigten Königreichs genannt. Die meisten britischen Befragten sahen diese als notwendig und unabdingbar an. Es wurde jedoch, vor allem auf deut- scher Seite, festgestellt, dass dadurch ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand entsteht und damit eine Hürde für die Zusammenarbeit. In der Befragung wurden die Fachkräfte gefragt, inwiefern sie zustimmen würden, dass ihre Organisation inter- nationale Partnerschaften und Austausche finden und entwickeln könnte, sofern sie über die entsprechenden Mittel verfügen würde ( Fähigkeit zur Entwicklung von Partnerschaften ) und ob ihre Organisation Zugang zu Unterstützungsangeboten und Informationen über die Entwicklung deutsch-britischer Jugendaustausche hat ( Zugang zu unterstützender Infrastruktur ) (Abb. 5.10). Auf britischer Seite stimmten 84 % (n=38) der Befragten zu oder voll und ganz zu, dass ihre Organisation die Fähig- keit zur Entwicklung von Partnerschaften besitzt, doch nur 57 % (n=26) der Befragten stimmten zu oder voll und ganz zu , dass sie über Zugang zu unterstützender Infrastruktur verfügen . Die deutschen Befragten waren ebenfalls zuversichtlich, dass ihre Organisation über die Fähigkeit zur Entwicklung von Partnerschaften verfügt: 66 % (n=50) stimmten dem zu oder voll und ganz zu, und 60 % (n=45) stimmten zu oder voll und ganz zu, dass ihre Organisation Zugang zu unterstützender Infrastruktur hat.

Abbildung 5.10 Fachkräfte der Jugendarbeit – Zugang von Organisationen zu Informationen, Unterstützung und Partnern, nach Ländergruppen

Stimme überhaupt nicht zu Stimme nicht zu Weder noch Stimme zu Stimme voll und ganz zu

UK – Zugang zu unterstützender Infrastruktur

15,6

26,7

40,0

17,8

UK – Fähigkeit zur Entwicklung von Partnerschaften

8,9

6,7

44,4

40,0

DE – Zugang zu unterstützender Infrastruktur

5,3

6,7

28,0

41,3

18,7

DE – Fähigkeit zur Entwicklung von Partnerschaften

9,3

24,0

49,3

17,3

0%

25%

50%

75%

100%

Gültiger Prozentsatz (UK n=45, DE n=75)

Infrastruktur durch Einrichtungen der Jugendarbeit. Die Situation in Wales unterscheidet sich vom Rest des Ver - einigten Königreichs. Die dort vom Taith-Programm für internationale Austausche angebotene Unterstützung wurde als positiv und durch das Champions-Modell als gut mit dem Jugendbereich verbunden wahrgenommen. Die befragten deutschen Fachkräfte äußerten vor allem den Wunsch nach einer Facheinrichtung, die bei der Suche nach geeigneten Partnern im Vereinigten König - reich hilft. Ihnen zufolge wissen viele Fachkräfte nicht, wo sie mit dem Aufbau von Kontakten im Vereinigten Königreich beginnen sollen, insbesondere im außer - schulischen Bereich. Sie gaben an, dass Fachkräften in Deutschland oft nicht bekannt ist, welche Strukturen zur Förderung der Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich bestehen oder an wen sie sich wenden können, um Kontakte zu knüpfen. Es wurde jedoch davon ausgegangen, dass es weiterhin eine Reihe von Facheinrichtungen gibt, die die internationale Arbeit unterstützen, auch wenn sich einige von ihnen auf die Förderung des Austauschs mit anderen Ländern als dem Vereinigten Königreich konzentrieren.

In den Interviews beschrieben britische Fachkräfte, dass sie nur sehr begrenzt über unterstützende Infrastruktur für den deutsch-britischen Jugendaustausch und für die internationale Arbeit im Allgemeinen verfügen. Aus Sicht der Fachkräfte im Vereinigten Königreich besteht in ihren Organisationen Unklarheit darüber, welche Chancen und Möglichkeiten es für die internationale Arbeit oder die Zusammenarbeit mit Deutschland gibt, und sie würden sich bei der Suche nach solchen Möglichkeiten grundsätzlich an entsprechende Facheinrichtungen des Jugendbereichs wenden. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Facheinrichtungen der Jugendarbeit (z. B. The National Youth Agency, Youth Link Scotland) derzeit nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügen die inter- nationale Arbeit zu unterstützen, obwohl großes Inter - esse daran besteht. Mehrere Befragte berichteten von nicht vorhandenen oder schwachen Beziehungen zu den Organisationen außerhalb des Jugendbereichs, die der - zeit Unterstützung leisten (British Council, UK-German Connection). Einige Befragte berichteten jedoch auch von positiven Beziehungen zu diesen Einrichtungen. Es wurden Bedenken geäußert, dass diese Organisa - tionen nicht auf die Jugendarbeit ausgerichtet seien, und die Befragten bevorzugten eine unterstützende

22 Vgl. YMCA, 2020, Out of Service: A Report Examining Local Authority Expenditure On Youth Services In England & Wales

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