ML525 Online-PDF

Die reichen Steiner Kaufleute ließen ihre Häuser in der Renaissance mit Kalktechnik bemalen, so zeigt das Haus „Sonne“ das Motiv als Diogenes im Weinfass zu Alexander dem Großen sagt: „Geh mir aus der Sonne“, und das Haus „Weisser Adler“ beherbergt die früheste erhaltene Fassadenmalerei der Schweiz mit Motiven aus dem Decame- rone und den Gesta Romanorum. Ent- standen um 1520, gemalt vermutlich von Thomas Schmid. Weitere beeindru- ckende Fresken finden sich am Haus „Schwarzes Horn“, dem Haus „Steiner- ner Trauben“ oder dem Haus „Roter Ochsen“. Das alleinstehende Rathaus stammt ursprünglich von 1542, die markante Fachwerkkonstruktion wurde 1746 er- richtet. Für lange Zeit fungierte es in der wohlhabenden Kaufmanns- und Händlerstadt als Kornhaus, Tuchhaus und Kaufhaus. Im Kleinen Ratssaal, mit vergoldeter Täfelung im Rokoko-Stil ausgestattet, tagt seit 1542 bis heute der Stadtrat. 1900 schließlich wurde die Markthalle geschlossen und das Gebäude erhielt Fassadenmalereien, die vom Stuttgarter Historienmaler Carl von Häberlin stammen.

Zwist mit den Habsburgern und dem Hegauer Adel zurück, die 1478 die Stadt erobern wollten, von den Steinern aber verlustreich zurückgeschlagen wurden. Mit einem erneuerten Schutzbündnis von 1484 wurde Stein am Rhein ein Teil des Stadtstaates Zürich und so ein Teil der Eidgenossenschaft. Zürich ließ aber die selbstbewussten „Staaner“ vor Ort weitgehend autonom handeln. Als sich 1524/1525 die reformatorische Be- wegung unter Huldrych Zwingli in der Zürcher Herrschaft durchsetzte, wurde schnell auch Stein am Rhein von den neuen Ideen erfasst. So setzte denn die Reformation im Juli 1525 einen end- gültigen Schlussstrich unter die lang andauernde Herrschaft der Äbte von Kloster Sankt Georgen über Stein und das Kloster wurde aufgehoben. Heute stellt St. Georgen als Museum eine der am besten erhaltenen mittel- alterlichen Klosteranlagen der Schweiz dar und lässt liebevoll zusammenge- stellt und beeindruckend restauriert das klösterliche Wirken und Leben aus alter Zeit wieder lebendig werden. Helvetische Republik Die bewegte historische Vergangen- heit von Stein am Rhein – ehemals zum „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ gehörig, dann „reichfrei“, dann Teil des Stadtstaats Zürich und der Eidgenossenschaft – schließt auch die Gründung der Helvetischen Republik nach dem Franzoseneinfall mit ein. Der französische Sieg in der Auseinan- dersetzung zwischen der alten Eidge- nossenschaft und der Ersten Franzö- sischen Republik 1798/1799 ließ Stein am Rhein seine Privilegien verlieren und die Kantonszugehörigkeit wech- selte mehrfach. 1803 schließlich wurde die Eingliederung in den Schweizer Kanton Schaffhausen besiegelt, zu dem Stein am Rhein auch heute noch gehört.

In der mandelförmigen Altstadt reiht sich, vom Untertor kommend, Richtung Marktplatz ein Haus an das andere, so als suchen sie Anlehnung. Und zahlrei- che davon haben den Geist der Vergan- genheit bewahrt. So kragen bei vielen der Fachwerkhäuser, wie beim Haus Hirzli, dem Haus zum Chupferberg oder dem Haus Vetter die oberen Geschosse leicht hervor. Im Mittelalter half das, bei geringer Grundfläche des Gebäudes weiter oben mehr Platz zu gewinnen. Häufig wurde deshalb von Stockwerk zu Stockwerk weiter ausgekragt. Fresken an Fassaden Ganz besondere Hingucker sind auch die sich nahe dem Steiner Rathaus drängelnden Gebäude mit Fassadenma- lereien, darunter wahre Schmuckstücke historischer Baukunst. Dabei stammen die ältesten Malereien aus dem 16. Jahrhundert, während viele andere im 19. und frühen 20. Jahrhundert ent- standen sind. Die Themenpalette der Fassadenmalereien lässt scheinbar keine Wünsche offen. Da finden sich historisch bedeutsame Ereignisse ge- nauso wie Darstellungen aus der Bibel oder Bilder mit moralischer Botschaft.

Farbenprächtig und beeindruckend: Historische Freskenmalerei auf den Hausfassaden entlang des Marktplatzes.

85

Made with FlippingBook flipbook maker