TITELTHEMA | GRÜNDUNG
CAROLIN JUNGE Sich selbst verwirklichen Ihre Eltern waren selbstständig; Carolin Junge indes wollte gerade aus diesem Grund nie ein Unternehmen gründen. Jetzt hat sie gleich zwei.
will: mit Workshops, Beratung für Unternehmen und Trauer- begleitung für Einzelpersonen. Carolin Junge will offener über Trauer sprechen, ihr mit Neu- gier und mehr Leichtigkeit be- gegnen, sie unter dem großen „Tabu-Teppich“ hervorholen. Dass Carolin Junge vielseitig interessiert ist, zeigte sich bereits im Studium. Zuerst hat sie zuerst Freizeit- und Touris- musmanagement in Stral- sund studiert und dann ihren Master in Music und Creative Industries an der Popakademie in Mannheim gemacht. „Ich wollte mich auf keinen Fall einschränken, sondern mir vie- le Möglichkeiten offenhalten“, blickt sie zurück. Die einzige Möglichkeit, die Carolin Junge eigentlich ausgeschlossen hatte, war, selbst ein Unter- nehmen zu gründen. Ihre Eltern waren selbstständig, sie betrieben in Erfurt ein Tauch- geschäft. „Sie haben natürlich wirklich viel gearbeitet, und wenn wir mal Urlaub gemacht haben, hatte es mit Tauchen zu tun.“ Heute, mit Abstand und 35-jährig, hat Carolin Junge einen anderen Blick auf die Situation: „Es war eine ungewöhnliche Idee, mitten in Thüringen, wo es kein Meer weit und breit gibt, ein Tauch- geschäft zu eröffnen, aber meine Eltern waren begeistert von der Idee und mutig genug, sie umzusetzen.“ Für Carolin Junge wird das zum Ansporn: Das zu machen, wofür man brennt. Bis heute ist das ihre Trieb- feder. Arbeit ist für Carolin
Junge Selbstverwirklichung. Gleichzeitig hat sie kein Pro- blem damit, den Laptop am Abend zu- und am Wochen- ende erst gar nicht aufzu- klappen. Und wenn das Wetter schön ist, holt sie ihren Sohn auch mal früher vom Kinder- garten ab und geht an den See schwimmen. „Ich verdiene mit beiden Unternehmen Geld, und wenn ich noch mehr Zeit investieren würde, würde ich wahrscheinlich noch mehr Geld verdienen“, sagt die Jung- unternehmerin. Aber mehr als das Geld zählt für sie die Flexibilität; sie will Freiräume haben. Wie im vergangenen Sommer, als sie den Laden zwei Wochen einfach zuge- macht hat. Oder im Frühjahr, als Carolin Junge mit ihrer Mitarbeiterin eine Woche „Workation“ in den Bergen gemacht hat. Oder vor zwei Jahren, als sie nebenbei noch eine Ausbildung zur Trauer- begleiterin gemacht hat, um sich mit ihrem Büro Ciao auf unkonventionelle Weise den Themen Tod und Trauer zu nähern. Unternehmertum brauche laut Carolin Junge Mut: „Die Angst, es könnte nicht klappen, habe ich am Anfang aber viel mehr gespürt“, betont sie. Inzwi- schen weiß die Unternehme- rin, dass es gute und schlechte Phasen gibt, und dass Zeiten, in denen weniger Aufträge eingehen, nicht gleich das Ende bedeuten. „Ja, es gibt diese Unsicherheit. Denke ich jeden Tag darüber nach? Nein! Ist es erfüllend, mein Ding zu machen? Absolut.“
Zu Hause in Mann- heim: Carolin Junge hat die Stadt als Basis für ihre Start-ups gewählt.
A ls Carolin Junge in Arbeitgeber sein Geschäft um. Dass sie ihre alte Stelle behal- ten würde, wenn sie zurück- kommt, war ausgeschlossen. Da sagte ihr Mann: „Mach dich doch selbstständig.“ Bitte? Mit Baby? Doch genau so ist es gekommen. Carolin Junge hat sich selbstständig gemacht, nicht nur mit einem Start-up, sondern mit zwei. Das eine heißt – in Anspielung auf ihren Namen Junge – „oh boy!“. Hier berät die Mannheimerin Unternehmen zu Markenbil- dung und -kommunikation. Das andere ist ein Kreativraum für Trauer mit dem provokan- ten Namen „Büro Ciao“, das die Trauerkultur revolutionieren Elternzeit war, struk- turierte ihr bisheriger
Ist es erfüllend, mein Ding zu
machen? Absolut.
Carolin Junge, Gründerin aus Mannheim
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IHK Magazin Rhein-Neckar 08 | 2024
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