IHK-Global Business Ausgabe 7/2025

07 | 2025 IHK Global Business

GROSSBRITANNIEN Fünf Jahre Brexit: Was bleibt vom britischen Sonderweg? SEITE 4

USA Datentransfer in Gefahr? SEITE 10

VIETNAM Logistikinfrastruktur wird modernisiert SEITE 14

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser, fünf Jahre nach dem vermeintlich befreien- den Schritt Großbritanniens aus der Euro- päischen Union zeigt sich ein ernüchterndes Bild. Was einst von Befürwortern als Wieder- erlangung nationaler Souveränität gefeiert wurde, hat sich für unzählige britische und europäische Unternehmen als steiniger Pfad erwiesen. Die anfängliche Euphorie ist einer harten Realität gewichen: Handelsbarrieren, ein akuter Fachkräftemangel und erschwerte Kooperation in Bildung und Forschung belas- ten insbesondere kleine und mittlere Unter- nehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Doch es gibt Hoffnung: Der EU-UK-Gipfel im Mai 2025 könnte einen Neuanfang einleiten. Die politische Botschaft ist klar – mehr Zu- sammenarbeit statt Konfrontation. Auch wenn konkrete Ergebnisse noch ausstehen, ist der Wille zur Annäherung erkennbar. Ein weiterer Fortschritt: Die EU und Singapur haben sich ergänzend zum Freihandelsabkom- men auf ein Abkommen über digitalen Handel geeinigt – eine Chance vor allem für KMU, im Dienstleistungsaustausch zu wachsen. Weniger erfreulich ist der Blick in die USA: Pläne der Trump-II-Regierung könnten das EU-US-Datentransferabkommen gefährden. Hier ist Wachsamkeit gefragt. Im Blick behalten sollte man auch die Ent- wicklung in Syrien. Nach der Lockerung von Sanktionen durch die EU und USA könnten sich mittelfristig neue Chancen für deutsche Unternehmen ergeben. Lesen Sie mehr dazu in der aktuellen Ausgabe. Viel Spaß bei der Lektüre!

8 Polen: EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz umgesetzt

12 Brasilien:

Abfallwirtschaft investiert kräftig

Herzlichst Ihr

Mirza Karahodža Kompetenz- zentrum UK

13 Indien:

Wirtschaft bleibt in guter Verfassung

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INHALT

IHK Global Business 07 | 2025

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International

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TITELTHEMA

4 Großbritannien Von der Vision zur Realität: De r Weg nach dem EU-Austritt

MENA/AFRIKA

#GemeinsamWeltweit #ihkrheinneckar

16 Syrien Ei n Markt öffnet sich

EUROPA

ZOLL & RECHT

DIE ZAHL

8 Polen EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz teilweise umgesetzt Fö rderung für emissionsfreie Lkw 9 Slowenien 1 Milliarde Euro für öffentliche Wohnung en 9 Großbritannien Re gierung will Kernkraft ausbauen

18 Zoll eZ oll-App: Erweiterung des Nutzerkreises 18 PEM Än derungen bei drei Ländern 18 EU Ei nfuhrüberwachung gestartet 18 Russland 17 . Sanktionspaket der EU in Kraft 18 Schweiz El ektronische Gestellungsmitteilung 18 Südafrika

0,0% WACHSTUM

der Exporte (wertmäßig) aus Baden- Württemberg im 1. Quartal 2025 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Aber: Zum ersten Mal seit zwei Jahren kein Rückgang. 2024 gab es noch ein Minus von 8,5 Prozent. QUELLE:STATISTISCHESLANDESAMTBADEN-WÜRTTEMBERG

AMERIKAS

10 USA Da tentransfer in Gefahr? Se minar: Aktuelle Rechtsfragen im USA-Geschäft 12 Brasilien Abfallwirtschaft investiert kräftig

Ke ine Erhöhung der Einfuhrumsatzsteuer 19 USA Up date: Zölle auf Stahl- und Aluminium

O-TON DES MONATS

19 Hybrid-Veranstaltung Wa renbegleitpapiere im Export

ASIEN-PAZIFIK

„In einer zunehmend gefährlichen und ge- spaltenen Welt ist die Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnern wichtiger denn je.“ Kanadas Premierminister Mark Carney zum Abschluss des G7-Gipfels der Staats- und Regierungschefs, der vom 15. bis 17. Juni 2025 in Kananaskis, Alberta, stattgefunden hat.

13 Indien Wi rtschaft bleibt in guter Verfassung 13 Japan Gesetz zur KI-Förderung in Sicht 14 Vietnam Logistikinfrastruktur wird modernisiert Veranstaltung: Intensiv-Beratung Vietnam 15 Singapur / EU Abkommen über digitalen Handel unterzeichnet 15 China Gesetz zur Förderung der Privatwirtschaft in Kraft

RUBRIKEN

17 Veranstaltungen 19 Impressum

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GROSSBRITANNIEN

Anlieferung im Hafen Dover – ein Schlüssel- punkt für Exporte und Importe zwischen Großbri- tannien und Deutschland. Seit dem Brexit machen bürokratische Hürden den Unternehmen auf beiden Seiten zu schaffen.

Von der Vision zur Realität: Der Weg nach dem EU-Austritt Fünf Jahre nach dem Brexit: Tiefgreifende Folgen, neue Impulse und Chancen – Unternehmen kämpfen mit Hindernissen, während der EU-UK-Gipfel 2025 Hoffnung auf eine engere Zusammenarbeit macht.

„Der Gipfel verleiht den europäisch-britischen Beziehun- gen und damit auch den bilateralen Beziehungen eine positive Dynamik. Angesichts zahlreicher geopolitischer Herausforderungen ist die demonstrierte politische Einheit ein starkes Signal für Europa und darüber hinaus. Wirtschaftlich bleibt jedoch vieles vage. Daher stellt das Gipfelergebnis in vielen Bereichen lediglich einen Fahr- plan für weitere Verhandlungen dar“ so Dr. Hoppe. Die wirtschaftliche Bilanz: Einbruch, Anpassung, Ausblick Der Handel mit der EU, einst Großbritanniens wich- tigster Wirtschaftspartner, hat massiv gelitten.

Am 31. Januar 2020 trat das Vereinigte König- reich offiziell aus der Europäischen Union aus. Was damals von den Befürwortern als „Befrei-

ungsschlag“ gefeiert wurde, ist heute für viele Briten und europäische Unternehmen zur täglichen Herausforderung geworden. Fünf Jahre später zeigt sich: Die wirtschaftli- chen und gesellschaftlichen Folgen des Brexit sind tiefgreifend, aber nicht ausschließlich negativ. Der EU-UK- Gipfel am 19. Mai 2025 brachte neue Impulse für die Zusammenarbeit, während Unternehmen weiter mit Bürokratie und Unsicherheiten kämpfen – aber auch Chancen entdecken. Das bestätigt auch Dr. Ulrich Hoppe, Hauptgeschäftsführer der AHK Großbritannien in London:

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GROSSBRITANNIEN

INTERVIEW „Flexibilität und lokale Präsenz sind entscheidend“

Brexit als Bewährungsprobe: Warum Unternehmen auf dem britischen Markt heute mit neuen Rahmenbedingun- gen, regulatorischer Komplexität und operativen Heraus- forderungen konfrontiert sind – und wie lokale Präsenz, Anpassungsfähigkeit und strategische Partnerschaften den Marktzugang sichern können. Wir sprachen mit Timo Stibitz, CEO der TS Steel Trade GmbH, über seine Erfah- rungen. Herr Stibitz, wie hat sich das Großbritannien-Geschäft in den letzten Jahren für TS Steel Trade entwickelt? Timo Stibitz: Großbritannien zählt zu den über 30 Märk- ten weltweit, in denen wir aktiv ist. Seit dem Brexit hat sich das Geschäft dort in einem anspruchsvollen, aber sta- bilen Rahmen entwickelt. Trotz einiger Herausforderungen konnten wir unsere Marktpräsenz durch enge Zusammen- arbeit mit unserem lokalen Vertriebspartner aufrechterhal- ten und punktuell sogar ausbauen. Gab es Herausforderungen? Welche? Und wie haben Sie diese gemeistert? Stibitz: Eine zentrale Herausforderung nach dem Brexit waren die veränderten Zoll- und Logistikbedingungen. Die Einführung zusätzlicher Dokumentationspflichten sowie veränderte Lieferzeiten verlangten nach schnellen Anpas- sungen in unseren internen Prozessen. Zudem mussten wir uns auf Unsicherheiten im rechtlichen und regulatori- schen Umfeld einstellen. Diese Herausforderungen haben wir durch enge Abstimmung mit unserem britischen Agenten und gezielte Optimierungen entlang unserer Lie- ferkette gemeistert. So konnten wir flexibel reagieren und die gewohnte Servicequalität für unsere britischen Kunden aufrechterhalten.

Und ergaben sich Chancen auf dem UK-Markt und wie haben Sie diese genutzt?

Stibitz: Trotz aller Her- ausforderungen bot der

UK-Markt nach dem Brexit auch Chancen. Besonders in Nischenmärkten, in denen Flexibilität und internationale Beschaffungskompetenz gefragt sind, konnten wir unsere Stärken ausspielen. Unsere Unabhängigkeit und unser breites Netzwerk haben es ermöglicht, kurzfristige Liefereng- pässe bei britischen Wettbewerbern

 Timo Stibitz, CEO der TS Steel Trade GmbH in Walldorf

zu nutzen und neue Kundenkontakte zu knüpfen. Die Rolle unseres lokalen Partners war hierbei entscheidend, um Vertrauen aufzubauen und gezielt auf Marktbedürf- nisse zu reagieren. Welche Ratschläge würden Sie anderen Unternehmen beim Bearbeiten des UK-Markts mitgeben wollen? Stibitz: Unser wichtigster Ratschlag: Eine starke lokale Präsenz – sei es durch eine Niederlassung oder einen kom- petenten Vertriebspartner – ist im UK-Markt nach wie vor entscheidend. Vertrauen, Marktkenntnis und Nähe zum Kunden lassen sich aus der Ferne nur schwer ersetzen. Gleichzeitig empfehlen wir, die internen Prozesse früh- zeitig an regulatorische Änderungen anzupassen und eine gewisse Flexibilität in der Lieferkette einzuplanen. Unter- nehmen, die Nähe und Anpassungsfähigkeit mitbringen, haben auch nach dem Brexit gute Chancen auf nachhalti- gen Erfolg im britischen Markt.

Arbeitsmarkt: Fachkräftemangel und neue Hürden Ein zentrales Argument der Bre- xit-Befürworter war die Kontrolle über Migration. Tatsächlich ist die Zuwanderung aus EU-Staaten stark zurückgegangen. Gleichzeitig stieg die Nettozuwanderung aus Drittstaa- ten auf Rekordniveau – ein Effekt, den viele nicht erwartet hatten. Der Fachkräftemangel hat sich verschärft, insbesondere in Pflege, Gastronomie und Bauwesen. Dabei ist das neue Punktesystem für Arbeits- visa komplex und schreckt viele

hat London als Finanzzentrum an Bedeutung verloren. Viele Banken und Investmentfirmen verlagerten Teile ihrer Geschäfte nach Frank- furt, Paris oder Amsterdam, um weiterhin Zugang zum EU-Binnen- markt zu haben. Dabei bleibt die regulatorische Unsicherheit ein Problem. Viele Dienstleister müssen nun in mehreren Ländern separate Lizenzen beantragen, was Kosten und Komplexität erhöht. Der Verlust der automatischen Anerkennung von Berufsqualifikationen erschwert zudem den grenzüberschreitenden Austausch von Fachkräften.

Zwischen 2021 und 2023 gingen die britischen Exporte in die EU um 27 Prozent zurück, die Importe sogar um 32 Prozent. Besonders betroffen sind kleine und mittlere Unternehmen, die mit neuen Zoll- formalitäten, Ursprungsnachweisen und Lieferverzögerungen kämpfen. Trotz des Freihandelsabkommens bestehen zahlreiche nichttarifäre Handelshemmnisse, die den Waren- verkehr erschweren. Der Dienst- leistungssektor zeigt sich dagegen robuster. Finanzdienstleistungen, IT und kreative Industrien konnten sich teilweise behaupten. Dennoch

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GROSSBRITANNIEN

Drei Fragen an … Mirza Karahodža, IHK-Kompetenzzentrum UK

darunter Bahnprodukte, Schiffs- ausrüstung, Seilbahnen und Bauprodukte. Für viele andere Produkte bleibt die EU-CE-Kenn- zeichnung in Großbritannien weiterhin gültig – und zwar un- befristet. Dies stellt eine große Erleichterung dar. Welche weiteren Hürden und welche Lösungsansätze gibt es für Unternehmen im UK- Geschäft? Karahodža: Unternehmen sehen sich mit zusätzlichen Zollforma- litäten und einem verschärften Fachkräftemangel konfrontiert. Der Wegfall von EU-Förderpro- grammen erschwert die Planung zusätzlich. Erfolgreich sind Firmen, die auf lokale Partner oder eigene Niederlassungen setzen, ihre Lieferketten flexibel gestalten und Prozesse frühzeitig an neue Vorschriften anpassen. Kontinu- ierliche Marktbeobachtung und professionelle Beratung helfen, Risiken zu minimieren und Chan- cen zu nutzen.

Herr Karahodža, welche Heraus- forderungen und Erleichterun- gen gibt es bei der Mitarbeiter- entsendung nach Großbritan- nien? Mirza Karahodža: Die Ent- sendung von Fachkräften nach Großbritannien bleibt aufwen- dig. Visapflicht und Arbeitsge- nehmigungen erschweren vor allem längere Einsätze. Unter- nehmen müssen daher jede Ent- sendung frühzeitig und gründ- lich planen. Ein Lichtblick sind die soge- nannten Permitted Activities: Für bestimmte, klar definierte Tätigkeiten – etwa Geschäftsrei- sen oder Meetings – sind keine Arbeitsvisa nötig. Diese Aus- nahmen vereinfachen kurzfris- tige Geschäftsreisen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Welche Produkte sind von der UKCA-Zulassungspflicht betrof- fen und wie erfüllt man sie? Karahodža: Die UKCA-Kenn- zeichnung ist für bestimmte Produktgruppen verpflichtend,

Mirza Karahodža in London. Seit 2022 betreut er das Kompetenzzentrum UK der IHK Rhein-Neckar und steht Unternehmen bei Themen rund um Groß- britannien beratend zur Seite.

INFO

Fragen zum UK-Geschäft?

Das Kompetenzzentrum UK der IHK Rhein-Neckar unterstützt Sie bei allen Fragen rund um Ihre Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich – sei es zur Mitarbeiterentsendung, Umsatzsteuer, Zollformalitäten oder Produktzulassung. Kontaktieren Sie uns – Wir beraten Sie individuell und praxisnah.

ANSPRECHPARTNER

Mirza Karahodža 0621 1709-142 mirza.karahodza@rhein-neckar.ihk24.de

Das Tal scheint durchschritten Handelsentwicklung zwischen Deutschland und Großbritannien 2015 – 2024 (in Milliarden Euro)

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80

70

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Exporte von Deutschland nach Großbritannien Importe aus Großbritannien nach Deutschland

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2016

2018

2020

2022

2024

QUELLE: DESTATIS

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GROSSBRITANNIEN

Zeichen der Zusammen- arbeit: António Costa, Präsident des Europäi - schen Rates (links), der britische Premierminister Keir Starmer (Mitte) und EU-Kommissionspräsi - dentin Ursula von der Leyen (rechts) am 19. Mai 2025 in London. Der EU-UK-Gipfel sollte neue wirtschaftliche Impulse setzen.

Bewerber ab. Unternehmen berichten zudem von Schwie - rigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden – ein Problem, das sich direkt auf Produktivität und Wachstum auswirkt. Ein oft übersehener Aspekt sind die Auswirkungen auf Bildung und Forschung. Großbritannien nimmt nicht mehr am Erasmus-Programm teil, der Studierendenaustausch ist um 60 Prozent eingebrochen, der Schüleraustausch sogar um 75 Prozent. Universitäten beklagen den Verlust europäischer Partnerschaften und Fördermittel. Auch im Forschungsbereich hat sich die Isolation be - merkbar gemacht. Zwar wurde 2024 eine Teilrückkehr in das EU-Forschungsprogramm „Horizon Europe“ verein - bart, doch viele Kooperationen sind bereits abgebrochen oder stark eingeschränkt. Der Verlust an wissenschaftli - chem Austausch und Innovationskraft ist spürbar.

FAZIT

Vereinigtes Königreich auf einen Blick – Was Unternehmen beachten sollten Herausfordernder Markt mit Chancen: Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten bleibt UK ein relevanter Absatz- und Innovationsmarkt – besonders in den Bereichen Dienstleistungen, IT und Hightech. Bürokratischer Mehraufwand: Zollformalitäten, doppelte Produktzertifizierungen (wie etwa UKCA) und komplexe Steuerregelungen erfordern gute Vorbereitung und laufende Compliance. Arbeitsmarkt im Wandel: Fachkräftemangel und visapflichtige Einreisen machen die Rekrutierung anspruchsvoller – gezielte Personalplanung und lokale Präsenz sind entschei - dend.

Verhältnis zur EU: Zwischen Annäherung und Abgrenzung

Premierminister Keir Starmer kündigte 2024 einen „Re - set“ der Beziehungen an, um die wirtschaftliche Zusam - menarbeit zu erleichtern. Ziel ist es, Handelshemmnisse abzubauen, wissenschaftliche Kooperationen zu stärken und den Austausch im Bildungsbereich wiederzubeleben. Ein erstes Zeichen dafür war der EU-UK Gipfel am 19. Mai. Beide Seiten formulierten nach langer Zeit wieder gemein - same Positionen, doch viele Vereinbarungen bleiben vage und müssen weiter ausgearbeitet werden. In den Berei - chen Verteidigung, Cybersicherheit und Energie wurde eine engere Zusammenarbeit angekündigt. Britische Unternehmen sollen künftig Zugang zu europäischen Ver - teidigungsprojekten erhalten. Auch bei der Angleichung von Standards im Handel, bei der Fischerei und bei der Jugendmobilität gab es Annäherungen. Der Gipfel signali - siert den Willen zur Kooperation, schafft aber noch keine belastbare Grundlage für eine umfassende Partnerschaft. Der jährliche Gipfel soll den Dialog fortsetzen und offene Fragen klären. IHK

Langfristige Perspektive durch Partnerschaften: Eigene Standorte oder Kooperationen im UK erleichtern Marktzugang, Kundenbindung und

regulatorische Anpassung.

Pragmatische Neuausrichtung im Gange: Der EU-UK-Gipfel 2025 bringt neue Impulse – unter anderem bei Jugendmobilität, Produkt-

handel und Digitalisierung.

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EUROPA

POLEN EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz teilweise umgesetzt

Polen hat erste Verpflichtungen aus der europäischen Richtlinie zu Lohntransparenz umgesetzt. Anfang Mai verabschiedete der polnische Sejm ein Gesetz zur Änderung des Arbeits- gesetzbuches. Mit der Einführung des neuen Artikels 183 ca wird eine Informa- tionspflicht zur Entgelttransparenz des Arbeitgebers bereits im Bewerbungssta- dium begründet. Mit der Novelle des Arbeitsgesetz- buches müssen Arbeitgeber folgendes beachten: • jede Stellenausschreibung muss das Gehalt enthalten beziehungsweise die Gehaltsspannen; • der Arbeitgeber darf von den Be- werbenden keine Informationen über ihr Entgelt aus dem vorherigen Arbeitsverhältnis erfragen; • die Arbeitnehmer können sich an den Arbeitgeber wenden, um Informationen über die Vergütung anderer Personen zu erhalten, die eine gleichwertige Arbeit leisten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die- se Anfragen innerhalb von 14 Tagen zu beantworten.

Die neuen Regelungen sollen sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung im Gesetzblatt, also frühestens Ende 2025, in Kraft treten. Daher können sich die Arbeitgeber gut auf die kom- menden arbeitsrechtlichen Änderun- gen vorbereiten. Wenn die neuen Vorschriften nicht eingehalten werden oder die Vergü- tung in Stellenanzeigen nicht offen-

Entgelttransparenz wird in Polen gesetz- licher Standard: Diese ist bereits im Bewer- bungsverfahren bei der Einstellung neuer Mitarbeiter zu beachten.

gelegt wird, dann drohen Geldstrafen. Eine Geldstrafe kann von 1.000 Złoty (rund 235 Euro) bis 30.000 Złoty (rund 7.069 Euro) reichen. GTAI/IHK

POLEN Förderung für emissionsfreie Lkw

Emissionen im Transportverkehr zu senken. Die Gelder stammen aus dem europäischen Modernisierungsfonds. Elektrisch betriebene Lkw gehören auf Polens Straßen zur absoluten Aus- nahme. Unter allen zwischen Januar und April 2025 verkauften neuen Lkw hatten nur 0,4 Prozent einen batterie- elektrischen Antrieb. GTAI/IHK Anträge können online auf der Website des Umweltfonds NFOŚiGW gestellt werden:

bis 12 Tonnen) und N3 (über 12 Ton- nen). Die maximalen Fördersummen betragen: • 95.200 Euro für Fahrzeuge der Klasse N2 • 178.600 Euro für Fahrzeuge der Klasse N3 Die tatsächliche Förderhöhe hängt von der Unternehmensgröße ab. Kleine Unternehmen können bis zu 60 Prozent der förderfähigen Kosten geltend machen, mittlere Unter- nehmen bis zu 50 Prozent und große Unternehmen bis zu 30 Prozent. Ziel des Programms ist es, die

Polens staatlicher Umweltfonds NFOŚiGW stellt rund 476 Mil- lionen Euro für ein Förderprogramm zur Verfügung. Es unterstützt in Polen registrierte Unternehmen beim Kauf oder Leasing emissionsfreier Lkw. Das Programm startete zum 30. Mai 2025 und läuft bis Mitte 2029, oder bis das Budget aufgebraucht ist. Auch polnische Tochtergesellschaften internationaler Firmen können die Prämie in Anspruch nehmen. Gefördert werden neue batterie- elektrische und wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge der Klassen N2 (3,5

 gwd.nfosigw.gov.pl

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EUROPA

SLOWENIEN 1 Milliarde Euro für öffentliche Wohnungen

Sloweniens Regierung will den Wohnungsbau in Rekordhöhe fördern. Jährlich sollen landesweit 2.000 Wohnungen entstehen. Die Bauinvestitionen könnten wirtschaftliche Impulse setzen. Noch 2025 startet Slowenien ein ambitioniertes Woh- nungsbauprogramm. Über die nächsten zehn Jahre sollen jährlich 100 Millionen Euro bereitgestellt werden, um Sozialwohnungen zu bauen. Die Mittel für 2025 und 2026 stammen direkt aus dem laufenden Staatshaushalt. Der Rest wird durch ein neues Wohnungsbaufinanzierungs- gesetz bereitgestellt, dass die Nationalversammlung noch verabschieden muss. Insgesamt plant die Regierung jähr- lich rund 2.000 neue Wohnungen. Kommunales Bauland soll öffentlichen Bauträgern kostenfrei zur Verfügung stehen. Die Gelder für das Jahr 2025 fließen vorrangig über den Wohnungsbaufonds der Republik Slowenien, der mit lokalen Entwicklungsfonds und gemeinnützigen Woh- nungsbauorganisationen zusammenarbeitet. Einen Teil der Mittel erhält die staatliche SID-Bank, um zinsgünstige Bau- kredite zu finanzieren. Aktuell ist der Wohnungsbaufonds in 17 Vorhaben engagiert, die landesweit 1.934 Wohn- einheiten umfassen. Die Bauinvestitionen könnten einen Schub in der slowenischen Wirtschaft auslösen. Neben der Bauwirt- schaft und den beteiligten Unternehmen profitieren die Regionen von stark subventionierten Krediten für kofinanzierte Bauprojekte. Experten erwarten Gesamt-

investitionen im Umfang von bis zu 190 Millionen Euro pro Jahr. Fraglich bleibt aber, ob die Bauwirtschaft überhaupt die nötigen Kapazitäten zur Umsetzung aufbringen kann. Slowenien leidet unter einem anhaltenden Arbeitskräfte- mangel. Auch die behördlichen Genehmigungsverfahren gestalten sich im Land oft zäh. GTAI/IHK

Gute Aussichten am Bau: Das milliardenschwere Investitions- programm soll nicht nur Wohnraum schaffen, sondern auch die regionale Wirtschaft stärken.

GROSSBRITANNIEN Regierung will Kernkraft ausbauen

eine zentrale Säule ihrer „Plan for Change“-Agenda. Ener- gieminister Ed Miliband ergänzte, dies zeichne den Beginn eines „goldenen Zeitalters sauberer Energie“. Parallel dazu wird die Entwicklung europäischer Small Modular Reactors (SMRs) mit Rolls Royce als Hauptpart- ner vorangetrieben. Geplant ist der Bau eines 3,2 GW- Kraftwerks (2 Reaktoren), das über 60 Jahre betrieben werden soll. Die Inbetriebnahme soll in den späten 2030er Jahren erfolgen. Finanziert wird das Projekt aus einer Mi- schung aus öffentlicher und privater Mitteln (RAB-Modell). Zudem investiert die Regierung in die Forschung im Bereich der Fusionsenergie mit einem Budget von 2,5 Milliarden Pfund über fünf Jahre hinweg. Dazu ge- hört auch die Weiterentwicklung des STEP-Programms (Spherical Tokamak for Energy Production), einer Fu- sionsanlage in Nottinghamshire, die 2040 ihren Betrieb aufnehmen soll. GOV.UK

Im Rahmen des aktuellen Spending Review kündigte die britische Regierung an, 14,2 Milliarden Pfund in das geplante Kernkraftwerk Sizewell C zu investieren. Ziel ist es, damit eine der größten Baustellen Großbritanniens seit Jahrzehnten zu schaffen – mit insgesamt 10.000 neuen Jobs. Am 10. Juni 2025 wurden bereits staatliche Aufträge im Wert von 330 Millionen Pfund vergeben. 70 Prozent der öffentlichen Aufträge (insgesamt rund 3.500 Zulieferer) sollen britische Firmen sein, konkret aus den Bereichen Bau, Schweißen und Gastgewerbe. Sizewell C soll saubere Energie für rund 6 Millionen Haushalte liefern und Großbritanniens Energieversorgung stärken, Stromkosten stabilisieren und damit zur Klima- neutralität beitragen. Finanzministerin Rachel Reeves bezeichnete das Projekt als das „größte Nuklearbauprogramm einer Generation“ –

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AMERIKAS

USA Datentransfer in Gefahr?

Donald Trump hatte bereits mehr- fach angekündigt, den Präsidialerlass seines Vorgängers rückgängig machen zu wollen. Zudem stellt er bereits kon- kret mit der Entlassung von Mitglie- dern des Privacy and Civil Liberties Oversight Board (PCLOB) die Über- wachung des DPF infrage. Zwar hat- ten zwei Mitglieder des PCLOB gegen die Entlassung vor einem US-Bezirks- gericht geklagt und im Mai Recht be- kommen. Unklar ist derzeit, ob dieses Urteil Bestand haben wird. Für das Abkommen hängt davon viel ab, denn das PCLOB ist das zentrale Gremium für die Überwachung der Einhaltung von DPF-Vorgaben. Es überprüft bei- spielsweise, ob die US-Geheimdienste die Datenschutzanforderungen der Executive Order 14086 einhalten. Diese Executive Order ist Kern des DPF und regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten aus der EU, insbesondere durch die Einschränkung der Zugriffsberechtigung der US-Ge- heimdienste. Die Schwächung des PCLOB durch politische Entscheidun- gen könnte nicht nur das Vertrauen der EU in die Wirksamkeit des aktuellen DPF untergraben, sondern darüber hin- aus die Grundlage für künftige Daten- schutzabkommen infrage stellen. Auch der Data Protection Review Court, der über Datenschutzbeschwerden von EU- Bürgern entscheidet, dürfte mit dieser Auslegung nicht mehr uneingeschränkt als unabhängiges Gremium anerkannt werden, selbst wenn der zentrale Präsi- dialerlass bislang noch besteht. Derartige Entscheidungen dürften langfristig mit den europäischen An- forderungen an internationale Daten- schutzabkommen kollidieren. Ob der DPF Bestand haben kann, hängt ent- scheidend von der Wirksamkeit und Unabhängigkeit der US-Datenschutz- kontrollmechanismen ab. Unterneh- men sollten die Entwicklungen im Bereich des grenzüberschreitenden Datenverkehrs daher genau im Auge behalten, um schnell auf Änderungen reagieren zu können. IHK

Der Einsatz von Diensten großer US-Tech-Firmen wie Google und Microsoft bleibt für die meisten deutschen Firmen alternativlos. Eine verlässliche Rechtsgrundlage für den trans- atlantischen Datentransfer ist daher essenziell.

Nachdem der Europäische Gerichtshof das Privacy-Shield- Abkommen 2020 gekippt hatte, bestand lange Zeit keine rechtssichere Grundlage zur Übermittlung von Daten aus Europa in die USA. Ein solcher Rahmen ist für Unternehmen jedoch essenziell, wenn sie zum Beispiel amerikanische Buchhal- tungssoftware, Videokonferenzplatt- formen oder CRM-Systeme einsetzen, Dienste von US-Cloud-Anbietern wie Google, Microsoft und Amazon nutzen oder auf US-Newslettersoft- ware zurückgreifen. Das große Aufatmen erfolgte erst wieder im Sommer 2023: Nach erfolg- reichen Verhandlungen erließ die Europäische Kommission einen neuen Angemessenheitsbeschluss für den Datenverkehr zwischen der EU und den USA. Seit dem Inkrafttreten des EU-US Data Privacy Framework (DPF)

ist somit wieder eine Grundlage für einen rechtskonformen Einsatz von Onlinediensten, Software und digita- len Tools aus den USA gesetzt. Doch verschiedene Maßnahmen und damit einhergehende Änderungen des Datenschutzniveaus unter der Trump-II-Administration könnten sich auf künftige Überprüfungen des Abkommens auswirken und zu einer Neubewertung führen. Das Daten- schutzabkommen basiert hauptsäch- lich auf der von Joe Biden unterzeich- neten „Executive Order on Enhancing Safeguards for United States Signals Intelligence Activities“ (Executive Order 14086). Da dieser Erlass durch Trump jederzeit geändert oder aufge- hoben werden kann, ist mehr denn je unsicher, ob der EU-US Data Privacy Framework eine langfristige, verläss- liche Rechtsgrundlage für Unterneh- men bieten wird.

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AMERIKAS

SEMINAR

Sie Mitarbeiter in die USA entsenden oder dort beschäftigen. Zudem zeigen wir, wie Sie durch eine gezielte Vertragsgestal - tung mit US-Partnern Risiken minimieren können – auch im Hinblick auf die aktuellen Zölle. Weitere Rechtsbereiche wie das EU-US-Datenschutzabkommen, aktuelle (De-)Regulie - rungsmaßnahmen und der Umgang mit Diversity-Program - men werden ebenfalls thematisiert. Darüber hinaus können individuelle Fragestellungen mit unseren Rechtsexperten im Rahmen der Veranstaltung besprochen werden. TERMIN, UHRZEIT UND ORT: Dienstag, 15. Juli 2025, 13:30 bis 17:00 Uhr IHK Rhein-Neckar, Haus der Wirtschaft, L 1, 2, 68161 Mannheim TEILNAHMEENTGELT: 140 Euro für IHK-Mitglieder, 210 Euro für Nichtmitglieder PROGRAMM UND ANMELDUNG

15. JULI 2025 Aktuelle Rechtsfragen im USA-Geschäft

In der aktuellen politischen Lage in den USA stehen deutsche Unternehmen vor großen Herausforderun - gen. Aufgrund der erratischen Vorgehensweise der Trump- Administration und häufig wechselnden Rahmenbedingun - gen hat sich die Planbarkeit für Unternehmen auf dem US-Markt deutlich verschlechtert. Auch immer neue Zollankündigungen und Handelsbeschränkungen sorgen für zusätzliche Verunsicherung und erschweren unternehmeri - sches Handeln erheblich. In unserer Veranstaltung erfahren Sie, worauf es im US- Geschäft nun besonders zu achten gilt. Unsere Referenten erläutern, welche rechtlichen Änderungen bereits umgesetzt wurden und welche künftig zu erwarten sind. Außerdem erhalten Sie praktische Tipps, wie deutsche Unternehmen in diesem unsicheren Umfeld handeln und rechtliche Fallstri - cke vermeiden können. Wir sprechen unter anderem über die aktuellen Entwick - lungen im US-Vertrags-, Einreise-, Arbeits- und Gesell - schaftsrecht. Sie erfahren, was zu berücksichtigen ist, wenn

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AMERIKAS

BRASILIEN Abfallwirtschaft investiert kräftig

im August 2024 verstrichen ist, intensivieren Aufsichtsbehörden und Staatsanwaltschaften ihre Maßnahmen, um kommunale Regierungen zur Einhaltung zu bewegen. Für viele Kommu- nen stellt die Strukturierung von öffentlich-pri- vaten Partnerschaften (PPP) den realistischsten Weg zur Umsetzung dar. Diese PPP-Modelle setzen in der Regel eine Refinanzierung über Abfallgebühren voraus – was wiederum Investi- tionsanreize für private Unternehmen schafft. Ein zentrales Element der brasilianischen Abfallpolitik ist der Nationale Abfallwirtschafts- plan (Plano Nacional de Resíduos Sólidos – Planares). Neben der vorgesehenen Schließung aller Lixões sieht der Plan vor, dass bis 2036 eine flächendeckende Müllabfuhr realisiert wird. Bis 2040 soll der Anteil der Bevölkerung mit Zugang zur getrennten Abfallsammlung auf 72,6 Prozent steigen. Zudem sollen alle Gemein- den eine Gebührenstruktur für die Entsorgungs- dienstleistungen implementieren. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit von De- ponien kann neben den kommunalen Entgel- ten auch durch zusätzliche Einnahmequellen gesichert werden. Dazu gehören Anlagen zur Sortierung und Aufbereitung von Wertstoffen, die Gewinnung von Biogas zur Stromerzeugung oder zur Produktion von Biomethan sowie die Herstellung von Düngemitteln direkt auf dem Deponiegelände. Einstieg über Ausschreibungen Für öffentliche Aufträge sind in Brasilien in der Regel Städte und Gemeinden zuständig. Die fortschreitende Digitalisierung und Entbüro- kratisierung im öffentlichen Beschaffungswesen erleichtern zunehmend auch ausländischen Un- ternehmen die Teilnahme an Ausschreibungen. Eine zentrale Plattform für die Veröffentlichung ist das staatliche Online-Portal Comprasnet. Informationen zu geplanten Konzessions- und PPP-Projekten bietet zudem das Portal des bun- desweiten Programms PPI (Programa de Parce- rias de Investimentos) – darunter auch Vorhaben im Bereich der städtischen Abfallwirtschaft. Immer wieder geraten Ausschreibungen wegen Betrug und Korruption in den Fokus der Justiz. Für einen erfolgreichen Markteintritt empfiehlt sich daher die Zusammenarbeit mit ortsansäs- sigen Unternehmen oder Vertretungen, die mit den lokalen Gegebenheiten vertraut sind und potenzielle Fallstricke vermeiden helfen. GTAI/IHK

Großer Nachholbedarf: Brasilianische Kommunen benötigen Sam- melfahrzeuge, Sortieranlagen, Kompostwerke und normgerechte Deponien, um Wertstoffe wiederverwerten zu können.

Der brasilianische Branchenverband für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft Abrema erwartet, dass der Markt für Abfallwirt- schaft in den kommenden Jahren stark expan- dieren wird – mit Investitionen nicht nur in neue Deponien, sondern auch in Anlagen zur Biogasgewinnung und Stromerzeugung aus organischen Abfällen. Laut Berechnungen von Abrema beliefen sich die öffentlichen und privaten Ausgaben für das Management von Siedlungsabfällen im Jahr 2023 auf rund 7,4 Mil- liarden US-Dollar (US$) – ein Anstieg von 9,4 Pro- zent gegenüber dem Vorjahr. Trotz dieser Entwicklung bleibt der Investitionsbedarf hoch. Einer im Jahr 2022 veröffentlichten Studie zufolge wären Investitionen in Höhe von 5,2 Mil- liarden US$ erforderlich, um eine flächende- ckende Abfallbewirtschaftung zu erreichen und alle offenen Müllkippen zu beseitigen. Rechtliche Vorgaben schaffen Chancen Da eine gesetzlich festgelegte Frist zur Schlie- ßung der offenen Müllkippen („Lixões“) bereits

41,5 PROZENT

der Siedlungs- abfälle in Brasi- lien werden nicht ordnungsgemäß entsorgt. QUELLE: GTAI

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ASIEN-PAZIFIK

INDIEN Wirtschaft bleibt in guter Verfassung

Indiens Wirtschaft ist überwie- gend binnenorientiert und daher weniger vom internationalen Handel abhängig als etwa die Länder Südostasiens. Dennoch ist die Nation nicht vollkommen isoliert von den Auswirkungen der Handelspolitik der USA. US-Zölle und Unsicherheiten bremsen Investitionslaune und Konsum – kurzfristig. Mittelfristig eröffnen sie aber Chancen: Indien könnte als Produktionsstandort profitieren, wenn Wettbewerber wie Vietnam stärker belastet werden. Zudem wirken sich die staatlichen Ausgaben für den Infrastrukturaus- bau und die Erwartungen an den diesjährigen Monsun positiv aus. Positiv für deutsche Unternehmen ist auch die Exportentwicklung: Im 1. Quartal 2025 führte Indien Waren im Wert von 4,2 Milliarden US-Dol- lar aus Deutschland ein, ein Plus von 17,3 Prozent zum Vorjahreszeit- raum. Zudem sehen deutsche Unter- nehmen wachsendes Potenzial für

Der Binnenkonsum ist eine wichtige Säule: Indien bleibt auch weiterhin die am schnellsten wachsende große Volkswirtschaft der Welt.

sind Argumente dafür. Hier könnte das Handelsabkommen, das derzeit zwischen der EU und Indien verhan- delt wird, weitere positive Impulse setzen. GTAI/IHK

den Aufbau von Produktionsstand- orten in Indien. Sowohl der große Binnenmarkt als auch die Über- legungen für eine Diversifizierung der Produktions- und Lieferketten

JAPAN Gesetz zur KI-Förderung in Sicht

KI-Strategie zuständige zentrale Stelle geschaffen werden. Sanktionen bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben sind in dem Entwurf nicht explizit vorgesehen. Das Kabinett hatte den Gesetzentwurf am 28. Februar 2025 ins Parlament eingebracht. Nach der Annahme durch das Unterhaus („Shūgiin“) am 24. April 2025 steht im nächsten Schritt die Entscheidung der zweiten Kammer des Parlaments (Oberhaus oder „Sangiin“) an. Bislang bestehen in Japan für das spezifische Gebiet der KI lediglich unverbindliche Richtlinien. GTAI/IHK Auf der Webseite des Ministry of Internal Affairs and Com - munications und Ministry of Economy, Trade and Industry finden Sie die englische Übersetzung des „AI Guidelines for Business Ver1.1“ vom 4. April 2025:

Das Unterhaus des japanischen Parlaments hat den Entwurf eines „Gesetzes zur Förderung der For- schung, Entwicklung und Nutzung KI-bezogener Techno- logien“ der Regierung angenommen. Der Entwurf besteht im Wesentlichen aus 28 Artikeln in vier Kapiteln. Dabei geht es vor allem um die Festlegung von Grundprinzipien und eines grundlegenden Maßnahmenkonzepts. Wer die Entwicklung oder Bereitstellung von KI-basier- ten Dienstleistungen oder Produkten oder deren Nutzung im Rahmen seiner Geschäftsaktivitäten beabsichtigt, soll nach Art. 7 des Entwurfs insbesondere die Grundsätze und Maßnahmen der Regierung (auf nationaler und lokaler Ebene) einhalten müssen. Der Staat wiederum soll unter anderem die Forschung hinsichtlich KI-bezogener Techno- logien unterstützen. Auch die Förderung der internationa- len Zusammenarbeit wird betont. Kapitel 3 des Entwurfs beschreibt die Aufstellung eines „KI-Basisplans“ der Regierung. Innerhalb des Kabinetts soll zudem eine für die

 meti.go.jp/shingikai/mono_info_service/ai_shakai_jisso/20240419_ report.html

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IHK Global Business 07/2025

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ASIEN-PAZIFIK

VIETNAM Logistikinfrastruktur wird modernisiert

liegt ebenso in der Stadt. Zudem befinden sich hier 70 Prozent der nationalen Lagerkapazitäten. Parallel gewinnt die Achse Hanoi-Haiphong an Bedeutung. Der Modernisierungsschub zeigt sich am geplanten Ausbau der Tro- ckenhäfen von derzeit 17 auf 125 bis 2030. Der Ausbau moderner Logis- tikzentren und Kühllager erfordert aufgrund begrenzten lokalen Know- hows ausländische Technologien und Dienstleistungen, insbesondere für die Bereitstellung von Logis- tikmanagement und technischen Lagerkomponenten. Laut Vietnam Logistics Business Association gibt es 30.000 Branchenunternehmen. Davon sind etwa 5.000 Firmen in der Kontraktlogistik („Third Party Logistics Provider“ oder „3PL“). Obwohl 89 Prozent der 3PL-Unter- nehmen inländische Firmen sind, erwirtschaften diese nur rund 30 Prozent der Branchenumsätze. Kom- plexe Logistikdienstleistungen wie „Just in time“ oder „Supply Chain Management“ werden hauptsächlich von ausländischen Unternehmen er- bracht. GTAI/IHK

nach hochwertigen Transportlösun- gen an. Das Land verfügt mit Cai Mep im Süden und Lach Huyen in nord- vietnamesischen Haiphong über zwei Tiefseehäfen. Wichtigstes Logistik- zentrum ist mit Abstand Ho-Chi- Minh-Stadt. Knapp 54 Prozent aller Logistikunternehmen operieren von hier aus. Der wichtigste Hafen Cat Lai

Vietnam entwickelt sich zu einem vielversprechenden

Logistikmarkt Asiens. Die Beratungs- firma Agility führt das Land in ihrer „Emerging Markets Logistics Rangliste 2025“ auf Platz 10 von 50 Schwellen- ländern. Wachsende Exportindustrien und moderne Einzelhandels- sowie Onlinekanäle treiben die Nachfrage

Der Hafen Cat Lai bei Ho-Chi-Minh-Stadt: Von hier aus operieren über die Hälfte der vietnamesischen Logistikunternehmen.

VERANSTALTUNG

16. JULI 2025 Intensiv-Beratung Vietnam Ganz gleich, ob Sie den vietnamesischen Markt neu erschließen oder Ihre bestehenden Aktivitäten erweitern möchten – Vietnam bietet zahlreiche Chancen, bringt aber auch komplexe Herausforderungen für Unternehmen mit sich. In einem 50-minütigen Einzelgespräch klären wir gemein - sam mit Peter Kompalla, Delegierter der deutschen Wirt - schaft bei der AHK Vietnam, Ihre individuellen Fragen. Mit seinem Team an den Standorten Ho Chi Minh City und Ha - noi, unterstützt Herr Kompalla seit vielen Jahren deutsche Unternehmen beim Markteintritt und Wachstum in einem der dynamischsten Wirtschaftsräume Asiens. Profitieren Sie von seinem umfassenden Know-how und erfahren Sie, wie Sie die Chancen des vietnamesischen Marktes optimal nutzen können.

 Peter Kompalla Delegierter der deutschen Wirtschaft bei der AHK Vietnam  Hee-Kyung Choi Märkte Asiens 0621 1709-134 hee-kyung.choi@rhein-neckar.ihk24.de

TERMIN, UHRZEIT UND ORT: Mittwoch, 16. Juli 2025, Uhrzeit nach Vereinbarung IHK Rhein-Neckar, Haus der Wirtschaft, L 1, 2, 68161 Mannheim TEILNAHMEENTGELT: 80 Euro pro Unternehmen zzgl. MwSt. WEITERE INFORMATIONEN UND ANMELDUNG ihk.de/rhein-neckar/beratung-vietnam

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ASIEN-PAZIFIK

SINGAPUR / EU Abkommen über digitalen Handel unterzeichnet

Die EU und Singapur haben mit der Unter-

formelle Ratifizierung des Abkommens erforderlich ist. Parallel dazu durchläuft das Abkommen in Singapur die ent- sprechenden nationalen Genehmigungsverfahren. EU/IHK Weitere Informationen und den Text des Abkommens finden Sie auf der Website des Rats der Europäischen Union:  consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2025/04/14/council- moves-one-step-closer-to-concluding-the-digital-trade-agreement- with-singapore

zeichnung ihres Digital-Abkommens am 7. Mai 2025 einen bedeutenden Meilenstein für ihre digitale Partnerschaft erreicht. Die EU zählt zu den führenden Exporteuren von Dienstleistungen weltweit, wobei 48 Prozent dieser Exporte digital abgewickelt werden. Im Jahr 2022 erfolgte mehr als die Hälfte des gesamten Dienstleistungsaus- tauschs zwischen der EU und Singapur digital. Die Bestimmungen für den digitalen Handel stärken den Online-Verbraucherschutz und eröffnen insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen neue Chancen, sich in globale Wertschöp- fungsketten einzubringen. Das umfassende Abkommen behandelt zentrale Bereiche wie Datenschutz, elektronische Ver- träge, digitale Authentifizierung, Verbraucherschutz, unerbetene Direktmarketing-Mitteilungen und offene staatliche Daten. Auf europäischer Seite liegt der Ball nun beim Europäischen Parla- ment, dessen Zustimmung für die

80,6 MILLIARDEN EURO betrug der Handel mit Dienstleistun- gen zwischen der EU und Singapur im Jahr 2023. QUELLE: EU

Mehr Verbraucher- schutz im Internet: Das Abkommen soll mehr Rechts- sicherheit für den Datentransfer zwi- schen Singapur und der EU bieten und Hemmnisse beim digitalen Handel beseitigen.

CHINA Gesetz zur Förderung der Privatwirtschaft in Kraft

aller Ebenen ist durch bestimmte Prüfmechanismen die faire Marktteilnahme privater Unternehmen sicherzustel- len. Sie sollen den gleichen Zugang zu Ressourcen haben und staatliche Unterstützungsmaßnahmen sollen gleich- berechtigt auf sie angewandt werden. Des Weiteren soll die Beteiligung von Privatunterneh- men an nationalen Großprojekten gefördert und sie bei Investitionen und dem Geschäftsaufbau insbesondere in Zukunftsbranchen sowie bei der Beteiligung am Aufbau moderner Infrastruktur unterstützt werden. Ferner sollen etwa der Zugang zu Krediten leichter und die Zugänglich- keit von Finanzdienstleistungen verbessert werden. GTAI/IHK Das „Private Economy Promotion Law (PEPL) vom 30. April 2025 (nur auf Chinesisch): gov.cn/yaowen/liebiao/202504/content_7022018.htm

Am 20. Mai 2025 trat das neue „Private Economy Promotion Law (PEPL)“ in China in Kraft. Es behandelt insbesondere Themen wie fairen Wettbewerb und die Förderung von Investitionen. Die „privaten Wirtschaftsorganisationen“ werden in Art. 77 des PEPL definiert: Der Begriff meint unter anderem in China gegründete und chinesisch kontrollierte gewinnori- entierte juristische Personen. Sind ausländische Investitio- nen beteiligt, gelten zugleich für diese relevante Bestim- mungen (etwa die des Foreign Investment Law). Das insgesamt 78 Artikel umfassende PEPL beinhaltet insbesondere Kapitel hinsichtlich des fairen Wettbewerbs und zur Investitionsförderung. So sollen zum Beispiel alle – einschließlich private – Wirtschaftsorganisationen den gleichen Zugang zu Sektoren haben, die nicht auf der Marktzugangsnegativliste stehen. Seitens der Regierungen

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MENA/AFRIKA

SYRIEN Ein Markt öffnet sich

Nach 14 Jahren der Abschottung, internationaler Sanktionen und Bürgerkrieg beginnt sich Syrien allmählich wieder der internationalen Gemeinschaft zu öffnen. Infolge des Sturzes des Assad-Regimes setzt die neue Übergangsregierung unter Präsident Al-Scharaa auf einen politischen und wirtschaftlichen Neuanfang, insbesondere im Verhältnis zum Westen. Auch von westlicher Seite wird eine vorsichtige Wiederannäherung betont. So hob die Europäische Union am 28. Mai 2025 in einem historischen Schritt den Großteil der wirtschaftli- chen Sanktionen gegenüber Syrien auf. Die Aufhebung betrifft zentrale Wirtschaftsbereiche: Der Export und Import von Öl- und Gasprodukten, der Handel mit Luxusgütern, Finanztransaktionen über das syrische Bankensystem sowie der Austausch von Ausrüstung und Technologien im Energiesektor sind nun wieder möglich. Die EU folgte damit Schritten des US-Finanzministeriums (OFAC). Nach einem diplomatischen Treffen zwischen US-Präsident Trump und Syriens Interimspräsidenten Al-Scharaa wurden weite Teile der amerikanischen Sank- tionen aufgehoben. Damit sind nun alle zuvor verbotenen Transaktionen gemäß den syrischen Sanktionsvorschriften (31 CFR Teil 542) grundsätzlich wieder erlaubt. Dazu gehö- ren insbesondere Investitionen in syrische Unternehmen, der Handel mit syrischem Erdöl und Erdgas sowie Ge- schäfte mit staatlichen Einrichtungen wie der Zentralbank Syriens oder Ministerien, die zuvor auf Sanktionslisten standen. Diese Erleichterungen wecken große Hoffnungen, sowohl innerhalb Syriens als auch auf internationaler Ebene. Trotz noch geringer Kaufkraft, instabiler Sicherheitslage und fehlender Infrastruktur eröffnet der Abbau der Sanktionen neue wirtschaftliche Perspektiven für den immerhin 23 Mil- lionen Einwohner zählenden Markt am Mittelmeer. Mehrere Länder und internationale Institutionen haben bereits konkrete Unterstützungsmaßnahmen zugesagt.

Damaskus steht vor großen Umbrüchen. Ob die neue politische Führung Syriens ihre Chance auf eine wirtschaftliche Stabilisierung nutzen kann, wird sich zeigen.

So kündigten sowohl Saudi-Arabien als auch die EU um- fassende finanzielle Hilfen für den Wiederaufbau an. Der saudische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan gab zu- dem bekannt, dass sein Land gemeinsam mit Katar vorü- bergehend die Gehaltszahlungen im syrischen öffentlichen Dienst sowie sämtliche Schulden Syriens bei der Weltbank übernehmen werde, um die staatlichen Institutionen zu stabilisieren. Außerdem gab der syrische Finanzminister bekannt, mit der EU über die Entlassung ausstehender Kredite zu ver- handeln. Die betroffenen Darlehen belaufen sich auf rund 1,4 Milliarden Euro. Eine Schuldenreduktion in dieser Grö- ßenordnung würde den syrischen Staatshaushalt erheblich entlasten. Trotzdem sind Investitionen dringend erforderlich. Laut einer aktuellen Studie des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) beläuft sich der volkswirt- schaftliche Schaden Syriens durch Krieg und Sanktionen in den Jahren 2011 bis 2024 auf rund 800 Milliarden US-Dollar. Der Wiederaufbau Syriens steht damit nicht nur für eine ökonomische Erholung, sondern auch für eine politische Neuorientierung. Für europäische Unternehmen ergibt sich nun eine seltene Gelegenheit, frühzeitig in einen sich neu konstituierenden Markt einzutreten – verbunden mit Risiken, aber auch mit langfristigem Potenzial. IHK Für interessierte Unternehmen und Fachleute hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das Netzwerkportal „Neuanfang Syrien“ eingerichtet:  bmz.de/de/neuanfang-syrien/netzwerkportal-246946

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