WEB_SAMfocus_4-25_Leben verändert

Verändert durch schwierige Zeiten Seit über 30 Jahren leben und arbeiten Cornelia und ich in Brasilien. Lange Zeit waren wir unter Strassenkindern im Nordosten tätig – sechs Jahre davon auf einer Mülldeponie – und seit 2023 wirken wir unter den Ribeirinhos an den Flüssen des Amazonas. Die Gewissheit, von Gott in diesen Auftrag gestellt worden zu sein, hat uns besonders in sehr schwierigen Zeiten geholfen, nicht aufzugeben, und manch- mal sogar gezwungen, auch persönlichen, schmerzlichen Pro- zessen nicht auszuweichen. Die anfängliche Motivation war: «Mit Gottes Gnade hel- fen». Gottes Gnade brauchten wir schon gleich in der ersten Zeit, als es ums Erlernen der englischen und portugiesischen Sprache ging. Nach neun Monaten Sprachschule entliess mich die Leiterin mit dem Kommentar: «Eigentlich müss- test du noch einige Zeit an der Schule bleiben, weil du noch schlecht sprichst. Aber ich denke, du wirst es im Umgang mit den Menschen schneller lernen.» Der Umgang mit den kultu- Ganz persönlich

den angingen. Sie wollte möglichst schnelle Resultate und ein «Ich will weg von der Strasse» genügte ihr, um ins Auto zu steigen und ein Kind ins Heim zu bringen, auch wenn es am anderen Tag wieder weglief. Ich ging es etwas langsamer an und wartete auf Zeichen des Willens und Bestätigungen von Betroffenen, dass sie an sich arbeiten wollten. Bald wurde der Konflikt persönlich und bestimmte meinen Dienst, mein Familienleben und mein geistliches Leben. Mei- ne Frustration wuchs täglich, ich konnte an nichts anderes mehr denken. Schliesslich suchte ich die Stille. Ich schloss mich für eine Woche in einem Zimmer ein und bat Gott, er solle doch endlich ein Wörtchen mit meiner Kollegin reden und sie einsichtig werden lassen. Als ich müde wurde, mit Gott über sie zu reden, begann ER mit mir über mich zu sprechen: Die Worte der Bibel wurden plötzlich lebendig und begannen zu mir zu sprechen. Ich merkte, wie sehr ich mich um mich selbst drehte und negative und destruktive Gedanken zuliess, anstatt sie auf eine kons-

rellen Unterschieden, mit Armut, Drogen und Gewalt machten uns nicht so viel Mühe. Bald merkte ich aber, dass ich zwar gerne an- dere Menschen und ihre Situation verändert sehen wollte, dass Gott aber vor allem mich verändern wollte. Das kostete viel Substanz und war sehr schmerzhaft. Viele drängende Fragen kamen aus der Konfrontation mit der Wirklichkeit, mit der Praxis: Wie predigt man Kindern, deren Zu- hause von Hunger, Gewalt und

truktive und positive Bahn zu lenken. Mir wurde bewusst, dass ich mich von meinen Gefühlen statt von den Fakten lei- ten liess. Ich begann, meine inneren Gespräche zu reflektieren. Zu entdecken, was für eine befreiende Energie darin liegt, meine Gedanken bewusst nach den Werten und Verheissun- gen der Bibel auszurichten und nicht von Enttäuschungen und Verletzungen leiten zu lassen, hat mein ganzes Verhalten und inneres Leben positiv verändert. Für mich war es auch eine Motivation, der täglichen, persönlichen Gebetszeit mit Gott absolute Priorität zu geben.

Missbrauch geprägt ist? Wie begegnet man einem jungen Drogenhändler oder einem frustrierten Schulabbrecher? Was könnten Wege für einen Analphabeten und Mörder oder Kriminellen sein, um ein neues Leben mit Gott aufzubauen? Wie hilft man einem missbrauchten Mädchen – konkret, im Hier und Jetzt? Ich musste mir nicht nur geistliche und so- ziale Antworten erarbeiten. Je mehr ich die Personen und Umstände von Opfern oder Aggressoren kennenlernte, des- to mehr kamen in mir ein Wechselbad der Gefühle von Mit- leid, Verständnis, Trauer und Wut auf. Dabei bestmöglich so zu handeln, wie Christus es gemacht hätte, IHN würdig zu repräsentieren, war ein langer Prozess. Gott sprach ein Wörtchen mit mir Die wichtigste Lektion, die mich und meine persönliche Ent- wicklung beeinflusste, lernte ich während eines Konfliktes mit einer Kollegin. Beide hatten wir ein Herz für die Stras- senkinder und ergänzten uns auch recht gut, was die Gaben betraf. Wir merkten aber bald, dass wir die Sache verschie-

Martin H. leistet gemeinsam mit seiner Ehefrau Cornelia einen Langzeiteinsatz zur Stärkung der Ge- meindearbeit im Amazonasgebiet, wo vie- le Menschen noch nie von Jesus Christus und seiner befreienden Botschaft gehört haben. Diese Arbeit ist nur durch Spenden möglich.

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