WEB_SAMfocus_4-25_Leben verändert

Wohin geht die Reise für christlic

Die internationale Zusammenarbeit steht an einem Wendepunkt. Verschiedene makroökonomische und gesellschaftliche Trends greifen ineinander und ver- ändern die Rahmenbedingungen grundlegend – auch für christliche Werke, die sich in der Personellen Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Wie können sich christliche Werke strategisch positionie- ren, um Gottes Liebe auch künftig glaubwürdig und wirk- sam zu leben? 2022 hatte ich die Gelegenheit, dieser Frage im Rahmen einer Konsultation im Auftrag der Arbeitsge- meinschaft Evangelischer Missionen (AEM) nachzugehen. In meinen Interviews standen langfristige Trends im Fo- kus, die aus Sicht der Werke bzw. Organisationen förder- lich oder hinderlich sind. Drei Entwicklungen kristallisierten sich besonders deutlich heraus: Digitalisierung, Erstarkung des Globalen Südens und der Rückgang personeller Aus- sendungen aus der Schweiz. Diese Trends wirken nicht iso- liert, sondern verstärken sich gegenseitig. Worum geht es?

Dr. Julia Henke ist promovierte Sozioöko- nomin und Geschäftsführe- rin des europäischen Büros von Life In Abundance, einer afrikanischen Entwicklungs- organisation. Sie ist Mitbe- gründerin der NGO «Rings of Hope», die gemeinsam mit SAM global in Kamerun die Witwenbewegung «Femmes d’Espoir» aufbaut: Frauen, deren Männer durch die Ter- rorgruppe Boko Haram ge-

tötet wurden, schliessen sich in Selbsthilfegruppen zusammen, um geistlich, emotional und wirtschaftlich neuen Halt zu finden. Im Jahr 2022 führte Julia im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) eine Konsultation durch, an der sich auch SAM global beteiligte.

1. Digitalisierung: Sie wurde als überwiegend posi- tiv wahrgenommen, erleichtert die internationale Zusammen- arbeit und eröffnet neue strate- gische Spielräume. Gleichzeitig entstehen neue Initiativen – oft getragen von Einzelpersonen oder Gemeinden, unabhängig von etablierten Werken. 2. Missionsbewegung des Globalen Südens: Kirchliches Wachstum und stei-

ihre panafrikanische Missionsarbeit be- kannt ist, teilt in ihren Büchern die Er- fahrungen eines 30-jährigen Engage- ments in 14 Ländern. Ihre Vision lässt sich in einem Bild zusammenfassen: Fruchtbäume statt saisonaler Pflan- zen. Wirkungsvolle Entwicklungszu- sammenarbeit zielt nicht auf kurzfristi- ge Ergebnisse, sondern auf systemische Veränderungen, die sich auch ohne äus- sere Hilfe weiterverbreiten.

Drei Entwicklungen kristalli- sierten sich besonders deut- lich heraus: Digitalisierung, Erstarkung des Globalen Südens und der Rückgang personeller Aussendungen aus der Schweiz.

gendes Bildungsniveau in Afrika, Asien und Lateinameri- ka verändern die Rollenverteilung. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist wichtiger denn je. Der Globale Süden ist nicht mehr nur Empfänger, sondern aktiver Mitgestalter. 3. Rückgang personeller Aussendungen aus der Schweiz: Weniger Menschen sind bereit, sich langfristig senden zu lassen. Gleichzeitig sinken Resilienz und Opferbereitschaft. Dieser Trend bereitet vielen Organisationen Sorge und stellt traditionelle Modelle in Frage. Die Kombination dieser drei Strömungen gleicht einer tek- tonischen Verschiebung: langsam, aber mit weitreichenden Folgen. Ein Umdenken ist notwendig. Seit meinem Wechsel 2020 zur kenianischen Organisati- on Life In Abundance (LIA) hat sich mein Blick auf die in- ternationale Zusammenarbeit nachhaltig verändert. Die Gründerin Dr. Florence M., eine Ärztin, die vor allem durch

Einige Prinzipien dieses transformativen Ansatzes möchte ich hier vorstellen: 1. Ganzheitlich und systemisch denken: Mission als Transformation setzt auf integrierte Ansätze, die Bildung, Wirtschaft, Gesundheit und Soziales miteinan- der verknüpfen – durchdrungen von einer gelebten, alltags- nahen Spiritualität. 2. Die lokale Kirche stärken: Als kulturell verankerte und dauerhaft präsente Akteurin ist sie Trägerin nachhaltiger Wirkung. Konfessionsübergrei- fende Initiativen bergen grosses Potential für gesellschaftli- che Veränderungen. 3. An Ressourcen anknüpfen, statt Defizite zu füllen: Eigenverantwortung stärken, statt Erwartungen zu schüren und Unmündigkeit zu fördern.

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