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anderen) der narzisstischen Perversion. Sie bingt die Grausamkeit darüber hinaus mit dem philosophischen Konzept der Intentionalität in Verbindung. Innerhalb der narzisstisch-perversen Organisation untersucht sie die Unsichtbarkeit von Grausamkeit , die durch die Kultur gebilligt und verstärkt wird, Ausschließung als Beispiel alltäglicher Gewalt und die Verantwortungslosigkeit, mit der diese Phänomene im Kontext ehelicher oder anderer dyadischer Beziehungen zusammenhängen. Sie betont, dass bei der narzisstischen Perversion Neid und das Ziel der Aneignung als Antriebskraft hinter dem perversen Kern stehen. Neid ist das Gefühl von Gier und missgünstigem Ärger, ausgelöst durch das am Anderen beobachtete Glück. Caplansky betont, dass es im Falle des Neides – zusätzlich zur Idealisierung – eine „böse Absicht“ gibt, die auf dem Wunsch beruht, der beneideten Person Schaden zuzufügen. Im Kontext ihrer Untersuchung der Grausamkeit als Abkömmling des aggressiven Triebs untersucht sie die Identifizierung als eine komplexe ambivalente Formation, die für die menschliche Subjektivität konstitutiv ist. Freud beschreibt in Jenseits des Lustprinzips (1920g) einen Zusammenhang zwischen dieser Ambivalenz und einem tiefen Schuldgefühl, das aus dem Konflikt zwischen Lebens- und Todestrieb (Eros und Thanatos) hervorgeht und aggressive und hasserfüllte Taten oder die Projektion von Aggression und Hass, aber auch der eigenen Unzulänglichkeiten und Unzufriedenheiten in Andere fördert. Caplansky fügt hinzu, dass Gewalt auf subtile Weise ausgeübt werden kann, auch wenn sie mitunter das Ausmaß prädatorischer Aggression erreicht, so dass das Subjekt den Anderen schleichend tötet oder ihn dazu provoziert, es selbst zu töten. Mit Hinweis auf Philosophen wie Brentano, Husserl und Heidegger hinterfragt sie die Rolle der Intentionalität in Bezug auf solche Formen der Grausamkeit. Im Einklang mit Roy Schafer betrachtet sie es als eine der wichtigsten Entdeckungen der Psychoanalyse, dass weit mehr Verhaltensweisen als ursprünglich angenommen bewusst wie auch unbewusst intendierte Intentionen zum Ausdruck bringen. Unter einem psychoanalytischen Blickwinkel gesehen, sind die Grenzen zwischen dem bewusst Beabsichtigten und dem Präintentionalen oder unbewusst Pseudointentionalen ihrer Meinung nach durchlässig und verschwommen. VI Fb. Francisco Otero Francisco Otero (2014) untersucht in “Ásperas afinidades: sueño, sexualidad y pulsión / voluntad en Freud y Schopenhauer” [Grobe Ähnlichkeiten: Traum, Sexualität und Trieb / der Wille bei Freud und Schopenhauer] die Schnittstelle zwischen Philosophie und Psychoanalyse unter besonderer Berücksichtigung von Freuds Triebkonzepten und Schopenhauers Begriff des Willens. Freud, so schreibt er, habe Schopenhauers Beitrag durchaus anerkannt, sich aber auch von ihm distanziert, und zwar insbesondere im Kontext der Neuen Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (Freud 1933a). Oteros Methode ist charakterisiert durch eine komparative Lesart von Freud-Zitaten, bespielsweise: „Wir behaupten nicht, der Tod sei das einzige Ziel des Lebens; wir
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