Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Nachträglichkeit rekurrierend, fasst er die Konzeption der traumatischen Ätiologie der Neurose aus der Phase der 1895-1897 entwickelten sogenannten Verführungstheorie nun in die Formel: „Frühes Trauma – Abwehr – Latenz – Ausbruch der neurotischen Erkrankung – teilweise Wiederkehr des Verdrängten“ (ebd., S. 185).
III. POSTFREUDIANISCHE WEITERENTWICKLUNG DES KONZEPTS DES UNBEWUSSTEN
In der Theoriebildung nach Freud erfuhr das Konzept des Unbewussten bemerkenswerte Veränderungen, die mit dem Aufkommen neuer klinischer und theoretischer Modelle in allen drei Regionen korrespondierten. Dem Leser wird nicht entgehen, dass die ersten der nachfolgenden Beiträge – (nordamerikanische) zeitgenössische freudianische Theorien: Strukturtheorie/Ich-Psychologie und die Moderne Konflikttheorie – unverkennbare Ähnlichkeiten aufweisen. Die Unterschiede sind subtiler Art, häufig eine Frage der Betonung, weniger einer der zentralen Inhalte. Doch ungeachtet ihrer Subtilität sind sie wichtig: zum Beispiel die Betonung der unbewussten Ich-Funktionen und –Prozesse einschließlich des einzigartigen Beitrags, den das unbewusste Ich zur Bildung von Abwehrmechanismen und Widerständen leistet, bzw. die synthetisierende Funktion des psychischen Apparates im Umgang mit Konflikten. Die heutige Vielfalt der Sichtweisen des Unbewussten beruht auf den Beiträgen von Theoretikern kleinianischer, bionianischer, selbstpsychologischer, relationaler, französischer und lateinamerikanischer Provenienz sowie auf interdisziplinären neuro-psychoanalytischen Auffassungen. Abschließend werden auch verschiedene Ansätze zum Verständnis des Gruppenunbewussten vorgestellt. III. A. Postfreudianische Weiterentwicklungen der Strukturtheorie Freuds (1920, 1923a, 1926) theoretische Revisionen regten vor allem in Nordamerika, wohin viele der späteren Ich-Psychologen in den 1930er Jahren ausgewandert waren, dazu an, die Überlegungen zum Unbewussten einer Prüfung zu unterziehen. Zahlreiche dieser nordamerikanischen Analytiker, die in den 1940er und 1950er Jahren schrieben, nahmen an, dass das Unbewusste durch eine undifferenzierte Matrix auftaucht, die das Potential der künftigen Entwicklung des Ichs und seiner Funktionen enthält. Weil einige dieser Funktionen von den Folgen des Konflikts frei sind, wurden sie von Hartmann (1939; Hartmann, Kris und Loewenstein 1946) als primäre autonome Funktionen bezeichnet; die übrigen Funktionen werden erst sekundär, nach Lösung der Konflikte, autonom. In diesem Prozess werden sämtliche Aspekte durch Beziehungen vermittelt, da Identifizierungen zur wesentlichen Ich- Funktion werden, die diese „Neutralisierung“ der Energie ermöglichen. Die
1022
Made with FlippingBook - Online magazine maker