Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Transidentifizierung “ können als Erweiterungen eines Unbewussten , die im Einklang mit der Objektbeziehungstheorie stehen, und als Beschreibungen der mentalen Haltung des Analytikers betrachtet werden, die sich aus einer solchen Auffassung des Unbewussten herleitet. Diese Erweiterungen bilden Eckpfeiler einer analytischen Begegnung, die durch Wechselseitigkeit der beiden Beteiligten geprägt ist (Bion 1978). In dieser Hinsicht hängt Grotsteins (2005, 2008, 2014) projektive Transidentifizierung , die den unbewussten Kommunikationsaspekt der „wechselseitigen Induktion“ bezeichnet, mit der Konzeptualisierung der Unbewussten Logik zusammen, die der Lateinamerikaner Matte-Blanco formuliert hat (siehe unten); Bions und Ogdens Überlegungen zu einem erweiterten Unbewussten wiederum wurden von den angesehenen italienischen Feldtheoretikern Antonino Ferro und Giuseppe Civitarese weiter ausgearbeitet. All diese Entwicklungen (Grotstein, Bion, Ogden, Ferro, Civitarese) sind in die synthetisierenden lateinamerikanischen Konzeptualisierungen der Unbewussten Kommunikation eingegangen (siehe unten). Ferro und Civitarese arbeiten mit dieser erweiterten Konzeptualisierung des Unbewussten auch, um die Abgrenzung zur klassischen Technik zu betonen. Für Ferro (2004, 2009, 2016), der die Sitzung als Feld konzipiert, besitzt Bions und Grotsteins Betonung der durch unbewusste Kommunikation herbeigeführten Entwicklung der Denkfähigkeit vorrangige Bedeutung: „Es geht nicht um historische Fakten oder darum, Dinge aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu transportieren; die Betonung liegt vielmehr auf dem Versuch, die Denkfähigkeit (Fähigkeit zu träumen) des Patienten – genauer: des Feldes – zu entwickeln, zum Beispiel durch ständige Transformation der Kommunikationen des Patienten in einen Traum“ (Ferro und Frangini 2013, S. 371; Text in Parenthese als Zusatz in Ferro und Civitarese 2016). Civitarese (2014, 2015; Ferro und Civitarese 2016) folgte Bions und Ogdens Appell an den Analytiker, die Widersprüche zu vergessen, die aus einer rationalen Untersuchung resultieren, und sich in einen Zustand der Halluzinose zu versetzen. In dieser Illustration des oben erwähnten „dramatischen“ Blickwinkels erläutern Ferro und Civitarese (2016) unter Berufung auf Ogden (2003, 2005), der Analytiker müsse sehen können, was der Patient sieht, und deshalb alle Eindrücke, Empfindungen und Vorstellungen ernst nehmen, auch wenn sie mit Aspekten der äußeren Realität im Widerspruch zu liegen scheinen, denn sie erzählen u.U. eine Geschichte mit höherem Wahrheitsgehalt. Ihrer Ansicht nach ist die Wahrheit des Unbewussten reicher als diejenige, die bewusst wahrgenommen und kommuniziert wird. Diesen Autoren zufolge unterliegen die „Charaktere“ im „Text der Analyse“, denen ihre Rollen vom Patienten oder vom Analytiker zugewiesen werden, unterliegen einer ständigen Transformation , damit das, was im Hier und Jetzt der Sitzung nach und nach denkbar wird, auch Ausdruck finden kann (Civitarese und Ferro 2013; Ferro und Civitarese 2016).

1038

Made with FlippingBook - Online magazine maker