Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

einer „ aktualen “ Zeit, in der Prozesse ablaufen, die „ Darstellungen [ presentations ] statt Repräsentationen, Handlungen ( Agieren ) statt Gedanken “ sind (Scarfone 2006, S. 827; Hervorhebung im Original).

III. E. Lateinamerikanische Entwicklungen und damit zusammenhängende Konzeptualisierungen Aus einer starken kleinianischen Tradition innerhalb der lateinamerikanischen Psychoanalyse, die seit den 1940er Jahren von engen Kontakten zu der Gruppe britischer Kleinianer profitierte, und einem frühen Zugang zu spanischen Übersetzungen des Freud’schen Werkes in den 1920er Jahren (López-Ballesteros 1923) gingen originäre synthetische Konzeptualisierungen des Unbewussten hervor, zum Beispiel die Konzepte der unbewussten Logik und der unbewussten Kommunikation, die fortan alle drei psychoanalytischen Kulturen beeinflussten. III. Ea. Unbewusste Logik Das Verständnis der Logik des Unbewussten ist ein grundlegendes Instrument, mit dem der Analytiker durchgängig arbeitet. Es gehört zum A und O der Psychoanalyse und ist unverzichtbar, um psychotische Äußerungen der Patienten zu verstehen. Der erste Autor, der die unbewusste Logik erforschte, war Freud (1900). In seiner Traumdeutung beschrieb er den sogenannten „Primärvorgang“, die Logik des Unbewussten, und seine charakteristischen Merkmale: 1. Das Fehlen von Widersprüchen zwischen den verschiedenen Triebäußerungen, 2. die Verschiebung, 3. die Verdichtung, 4. die Zeitlosigkeit und 5. die Ersetzung der äußeren durch die psychische Realität. Freud bearbeitete dieses Thema auch in folgenden Texten: „Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Geschehens“ (1911c), „Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia (Dementia praecox)“ (1911a), „Das Unbewusste“ (1915c), Das Ich und das Es (1923a) und Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933). Matte-Blanco (1975) erläutert in seinem Essay The Unconscious as Infinite Sets , was Freuds Entdeckung des Unbewussten in seinen Augen so wichtig macht, nämlich nicht die Entdeckung der unbewussten Psyche an sich, sondern die Entdeckung einer Welt, die völlig anderen Gesetzen unterliegt als das bewusste Denken. Freuds Genie fand laut Matte-Blanco Ausdruck darin, dass er diese Gesetze, die im „Reich der Unlogik“ (Freud 1940a, S. 91) herrschen, aufdeckte. In seiner Rezension von Matte- Blancos Essay schrieb Henry Rey (1976): „Matte-Blanco setzt sich auch intensivst und vorrangig mit der Entwicklung auseinander, die das Konzept des Unbewussten in Freuds Schriften und bei anderen Psychoanalytikern durchlief. Von einem lebendigen Aspekt der Persönlichkeit mit Aktivitäten, die ganz bestimmten Gesetzen gehorchen,

1049

Made with FlippingBook - Online magazine maker