Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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erfahrungsabhängigen emotionalen Lernens behalten die „Arbeitsmodelle“ der Beziehungen ihren Charakter im Wesentlichen bei. Allerdings zeichnet sich der präfrontale Kortex lebenslang durch ein bemerkenswertes Maß an Neuroplastizität aus, so dass sich eine psychoanalytische Tiefentherapie auch neurobiologisch auswirken kann: „Die intensive Psychotherapie kann als ein langzeitiger Umbau, eine Umstrukturierung, der Erinnerungen und emotionalen Reaktionen angesehen werden, die im limbischen System angelegt wurden“ (Andreasen 2001, S. 331). Die Diskussionen über den dynamischen Charakter der ersten nicht verdrängten impliziten Erinnerungsniederschriften halten weiterhin an und besitzen Implikationen für die klinische Arbeit. Einer der Ansätze versteht die frühesten Imprints als eine kognitive prozedurale Enkodierung des „Selbst-mit-der-Anderen“, das heißt, als prozedurale Niederschrift, die mit dem Erlernen des Fahrradfahrens vergleichbar ist (Clyman 1991; Fonagy 1999; Boston Change Process Study Group 2007). Unter diesem konsequent prozeduralen Aspekt sind Inszenierungen in der Übertragung darauf zurückzuführen, dass bestimmte Merkmale der analytischen Beziehung so große Ähnlichkeit mit einem bereits niedergeschriebenen Beziehungs-Arbeitsmodell aufweisen, dass das Priming – ein automatischer, unmotivierter Prozess – das prozedurale Beziehungsmuster aktiviert. Veränderung kann durch „Begegnungsmomente“ herbeigeführt werden, die nicht unbedingt deutbar sein müssen. In Shevrins (2002) dynamischem Paradigma hingegen bestimmen unbewusste Intentionen und Erwartungen sowie der Kontext und die Erfordernisse der augenblicklichen Situation mit, auf welche Weise welche Inhalte erinnert werden: „Der Erinnerungsabruf ist nie automatisch und unmotiviert“ (S. 137). Shevrin vertritt die Auffassung, dass „prozedurale Erinnerungen“ zwar nicht verdrängt und auch nicht unbewusst symbolisiert, aber dennoch nicht inhärent automatisiert werden; sie unterliegen vielmehr bei jeder Aktivierung dynamisch-konflikthaften Übertragungsmodifizierungen. Diese Sichtweise ist mit dynamischen Konzepten der psychischen Zeitlichkeit und mit einem freudianischen Verständnis der Nachträglichkeit und der Deckerinnerungen ebenso vereinbar wie mit den breit definierten zeitgenössischen freudianischen und objektbeziehungstheoretischen (Bion, Winnicott) Sichtweisen der Übertragungsinszenierungen als subsymbolische, aber „symbolisierbare“ und deshalb deutbare Phänomene (Ellman 2008; Grotstein 2014, persönliche Mitteilung). Der Unterschied zwischen den beiden Interpretationen der neurowissenschaftlichen Funde hängt augenscheinlich mit der Ausschließung bzw. Einbeziehung der dynamischen Wechselwirkung in der inneren repräsentationalen Welt, einem charakteristischen Aspekt der psychodynamischen Perspektive, zusammen. Der Verzicht auf unser traditionelles Verständnis des Unbewussten als Aufbewahrungsstätte unerwünschter Erfahrungen bringt ein signifikant gewandeltes Verständnis der Rolle des Analytikers im Behandlungszimmer mit sich. Ausgehend von einer Auffassung der Bindung als behaviorale Entsprechung von Objektbeziehungen, die unter dem Einfluss der frühen Mutter-Baby-Beziehung internalisiert wurden (Diamond und Blatt 2007), untersuchten andere moderne

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