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haben, für die höchsten sublimatorischen und positiven Leistungen der Menschheitsgeschichte, aber auch für ihre destruktivsten Entwicklungen wie Sklaverei, Genozide, Kriege, Misshandlungen und Viktimisierungen verantwortlich. Beiträge von W. Bion (1961), Rice (1969) und Anzieu (1981), Kaës (2010, 2014) und Lebovici, Diatkine und Kestemberg (1958) knüpfen an Freuds Gedanken über die in der Gruppe aktivierten Urphantasien und primitiven projektiven- introjektiven-identifikatorischen Prozesse an und beziehen Modelle der projektiven Identifizierung und/oder „psychischen Realität“ sowie des „intersubjektiven dynamischen Raumes“ mit ein. Bion (1961) postuliert, dass die primitiven Impulse, durch projektive Identifizierung ihrer eigentlichen Quelle entfremdet, zur Bildung der „ Grundannahmengruppe “ beitragen, die ganz im Zeichen von Abhängigkeit , Kampf- Flucht oder Paarbildungsmechanismen steht; die „ Arbeitsgruppe “ hingegen strebt nach produktiver, realitätsbezogener Zusammenarbeit. Anzieu (1981) erklärt die verschiedenen Gruppenphantasien, -illusionen und –bilder von oralen Bedrohungen und Vernichtungsgefahren, zum Beispiel die „Gruppe als Mund“, das „Auseinanderbrechen der Gruppe“ oder die „Gruppenmaschine“, als Widerspiegelung der allerersten psychischen Strukturen und der psychotischen Ebene der Persönlichkeit, die im Gruppenprozess manifest wird. Kaës (2010, 2014) beschreibt das spezifische „Gruppenmodell der unbewussten psychischen Realität, das aus assoziativen interferierenden Prozessen, dem gemeinsamen traumähnlichen Raum sowie unbewussten Bündnissen besteht. In diesem komplexen metapsychologischen intersubjektiven System spiegelt das von Grund auf narzisstische Dreierbündnis zwischen Idee, Ideal und Idol die Tyrannei der omnipotenten und idealisierten Mutterimago und den gegen archaische Ängste gerichteten Einsatz verschiedener primitiver Mechanismen der Spaltung, Verleugnung und Nichtanerkennung wider. Solche und andere Konzepte konnten ohne weiteres in analytischen Therapiegruppen, aber auch in Organisations- und institutionellen Gruppen Anwendung finden. IV. B.b. Gruppenanalytische Therapien In den gruppenanalytischen Therapien werden seit ihrer Einführung in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg die freudianischen und bionianischen Konzepte unbewusster Prozesse und Inhalte angewendet. Dies gilt vor allem für die in Anlehnung an Slavson (1947) entwickelten Verfahren, in denen unbewusste gruppendynamische Faktoren als Kräfte verstanden werden, die den Widerstand gegen die Weiterentwicklung des Individuums fördern und entsprechend gedeutet werden, und/oder für Foulkes’ (1948) Gruppentechnik, die sich unbewusste gruppendynamische Faktoren und die auf zahlreichen Ebenen erfolgende Kommunikation zunutze macht, um die Entwicklung des Individuums zu fördern. Man ist sich einig, dass die analytische Gruppentherapie , so wie sie heute praktiziert wird, für die Bearbeitung von Charakterproblemen besonders gut geeignet ist, weil in kleinen Therapiegruppen vielfältige, auf Projektionen und Verschiebungen beruhende Übertragungen auf den Therapeuten, die
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