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Anerkannt wird die Rolle des Objekts bei der Konstituierung und Modulierung unbewusster Inhalte und Prozesse. Dieser neuen Richtung ist eine weniger biologische Auffassung des Triebes inhärent. Gleichzeitig haben die modernen dynamischen Neurowissenschaften und die Neuropsychoanalyse der neuerlichen Auseinandersetzung mit metatheoretischen Postulaten Freuds Auftrieb gegeben, indem sie die Physiologie des Gehirns und des Körpers wieder verstärkt mit den unbewussten Prozessen und unbewussten Inhalten in Verbindung bringen. Als vorherrschende Alternative zur klassischen Theoriebildung ist auf dem Schauplatz der aktuellen amerikanischen Psychoanalyse eine Gruppe von Entwicklungen zu betrachten, die unter dem Oberbegriff relationale Psychoanalyse bekannt wurden und allesamt auf diese oder jene Weise den inhärent dyadischen, sozialen, interaktiven und interpersonalen Charakter der Psyche hervorheben. Folgerichtig wird das im intersubjektiven Feld gemeinsam erzeugte Unbewusste als ein „ Zwei-Personen-Unbewusstes “ bezeichnet. In diesen theoretischen Entwicklungen, die traditionell enge Verbindungen zur Säuglingsforschung und zu den Neurowissenschaften pflegen, scheint der Trend von der Ausschließung zur Einbeziehung der dynamischen Wechselwirkung in der inneren Repräsentanzenwelt zu gehen. Außerhalb der relationalen Psychoanalyse dreht sich die Debatte gegenwärtig weniger um den Beitrag der intrapsychischen bzw. der relationalen Faktoren als vielmehr um die Verbindung und komplexe Wechselwirkung zwischen der Fähigkeit des frühen Objekts (und des Analytikers in der analytischen Situation), zu binden, zu träumen, zu symbolisieren und zu unterstützen, und den unbewussten intrapsychischen „Reaktionen“ und Repräsentationen des Subjekts. In allen psychoanalytischen Schulen wird zunehmend das „ nicht repräsentierte “ und „ subsymbolische “ Unbewusste betont. Damit geht eine Neubewertung der deutenden und nicht-deutenden Beteiligung des Analytikers einschließlich seiner Gegenübertragungsenactments sowie seiner Holding-, Containing- und Unterstützungsfähigkeiten einher. Insofern die nicht-deutenden Modi seiner Interventionen besondere Betonung finden, ist eine theoretische Abweichung von dem an der traditionellen Konflikttheorie orientierten Verständnis des Unbewussten zu verzeichnen. Insofern die Einbeziehung des Unrepräsentierten und Subsymbolischen in den Deutungsdiskurs besonders gewichtet wird, haben wir es mit der Erweiterung des intrapsychischen Bereichs unterschiedlich definierter und geschichteter unbewusster Prozesse zu tun. Zahlreiche Denkschulen betonen heute die Vorteile optimal durchlässiger Grenzen zwischen den verschiedenen Anteilen der Psyche. In Lateinamerika gaben die Bemühungen um eine Synthetisierung des metapsychologischen und klinischen Denkens Anlass zu einer intensiven Erforschung der unbewussten Logik und der unbewussten Kommunikation .
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