Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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Objektbeziehungstheorie und der entsprechenden Technik , von der insbesondere schwere Pathologie profitieren. Im Geiste einer solchen Integration wurden Edith Jacobson und Margaret Mahler später als „Schöpferinnen der Objektbeziehungstheorie in der ich- psychologischen Theorie“ betrachtet. Sie gelten als Beiträger zur Ausarbeitung einer dialektischen Verbindung in der Entwicklung von Affekten und Trieben, die mit mentalen Repräsentationen des Selbst und der Objektwelt verknüpft sind. Während in den Schriften beider Autorinnen Überschneidungen zwischen der Ich-Psychologie und der Objektbeziehungstheorie bestehen, nimmt man an, dass Jacobson (Mahlers Analytikerin), die sich auf die Rolle der progressiven Integration von Selbst- und Objektrepräsentanzen in der Entstehung psychischer Strukturen konzentrierte, der Ich- Psychologie näher stand; Mahlers Theorie der Separation/Individuation – von der Symbiose zur Objektkonstanz –, die im lateinamerikanischen psychoanalytischen Denken und Arbeiten eine wesentliche Rolle spielt, sieht man hingegen in größerer Nähe zu den Objektbeziehungstheorien. III Db. Jüngere Entwicklungen mit Einfluss auf Lateinamerika Salman Akhtars (2009) Comprehensive Dictionary of Psychoanalysis wird in Mexiko und im gesamten nördlichen Teil Lateinamerikas viel gelesen. Akhtars Definition der Ich-Psychologie besagt unmissverständlich, dass es sich um einen Wechsel „vom Trieb zur Abwehr, von der Abfuhr zur Sublimierung, vom Impuls zur Gegenbesetzung, von Offenlegung zum Widerstand und von brodelnden Erregungen zu den exekutiven Funktionen des Ichs“ handele. Lateinamerika macht sich nur allmählich mit zahlreichen integrativen Bemühungen vertraut, Brücken zu schlagen zwischen der Ich-Psychologie, der kleinianischen Theorie, Balint und Winnicott und unabhängigen britischen Theoretikern wie J. und A.-M. Sandler und F. Pine (1988), der über die vier Psychologien der Psychoanalyse schrieb und auch von Akhtar erwähnt wird. Akhtars Definition des Ichs berücksichtigt die Beiträge zahlreicher Ich- Psychologen und deren Konzipierungen einer Vielzahl von Phänomenen: Ich- Mechanismen und Ich-Grenzen, Ich-Besetzung, Ich-Defekte, Ich-Abwehr, Ich- Verzerrung, Ich-Funktion der Metaphorisierung, Ich-Funktionen, Ich-Ideals, Ich- Identität, Regression im Dienste des Ichs, Ich-Triebe, Ich-Integrität vs. Verzweiflung, Ich-Libido, Ich-Modifizierung, Ich-Bedürfnisse, Ich-Kerne, Ich-Passage, Ich- Regresion, Ich-Bezogenheit, Ich-Stärke und Ich-Schwäche und das Sich-selbst- verschwinden-Lassen des Ichs. Akhtars Definition ist eine sehr ausführliche und theoretische technische Darlegung der Ich-Psychologie. Die Art und Weise, wie Erik H. Eriksons psychosoziale Phasen des Lebenszyklus lateinamerikanischen Analytikern – auch durch Übersetzungen – vermittelt wurden, ließ Eriksons sprichwörtlichen Reichtum an interaktiver und regressiv-progressiver Komplexität, die insbesondere für die Übergänge zwischen den Phasen typisch ist, anfangs mitunter vermissen. Das Augenmerk richtete sich damals

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