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Dimension der psychoanalytischen Situation und des analytischen Prozesses auf diese oder jene Weise in ihr Denken integriert. So entstanden hybride Konzeptualisierungen und Orientierungen, von denen einige unten näher erörtert werden.
II. Bc. Sozio-historischer Kontext im französisch-kandadischen intersubjektiven Denken Zur französischsprachigen Psychoanalyse zählt auch die nordamerikanische frankophone Analyse (Québec). Aufgrund der engen Verbindungen zwischen dieser nordamerikanischen und der Psychoanalyse Frankreichs einerseits sowie der englischsprachigen Psychoanalyse – Großbritanniens und Amerikas – andererseits wird die Rezeption der Intersubjektivität in der nordamerikanischen französischsprachigen Analyse durch die allgemeineren Affiliationen nordamerikanischer Französisch sprechender Analytiker vermittelt. Diejenigen, die maßgeblich von amerikanischen oder anglo-amerikanischen psychoanalytischen Orientierungen beeinflusst sind, begegnen dem relationalen/intersubjektivistischen Paradigma wahrscheinlich mit größerer Offenheit. Jene hingegen, die sich der französischen Psychoanalysekultur näher fühlen, werden ihre Anregungen eher in der französischen psychoanalytischen Literatur finden. Wer Berührung mit diesen drei psychoanalytischen Traditionen hat, wird darüber hinaus möglicherweise zu einer originären Synthese bezüglich des Themas Intersubjektivität gelangen. Einschlägige Beispiele sind etwa die intersubjektiv relevante Erweiterung von Brussets „La Troisième Topique“ („Die dritte Topik“) (Brusset 2006) und die synthetisierenden komparativen Schriften von Lewis Kirshner (2005) und Hélène Tessier (2005, 2014a, 2014b). Die Befürworter des „dritten“ metapsychologischen Modells betonen, wie eng Triebe und Objektbeziehungen miteinander zusammenhängen. Zu den Autoren, deren Beiträge das Denken auf diesem Gebiet in Nordamerika besonders beeinflusst haben, zählen Lacan, Aulagnier, Winnicott, Green, Laplanche, Reid und (seit kurzem als ein solcher Einfluss anerkannt) Loewald (siehe den Eintrag OBJEKTBEZIEHUNGSTHEORIEN). Die Triebe werden dieser theoretischen Sichtweise zufolge im Wesentlichen durch Interaktionen (intersubjektiv) konstituiert. Siehe auch den Abschnitt III.C, Intersubjektivität in der französischen Psychoanalyse, für weitere Details zum französischen intersubjektiven Denken. II. C. Die Anfänge der Intersubjektivität und die relationale Wende in Europa Das Wort Intersubjektivität kam in der europäischen psychoanalytischen Literatur weniger zur Bezeichnung eines neuen, spezifischen Konzepts oder einer neuen, spezifischen Dimension menschlicher Bezogenheit in Gebrauch als vielmehr zur allgemeinen Charakterisierung der wechselseitigen Interaktion zweier Menschen, insbesondere des Kindes und seiner Bezugsperson bzw. des Patienten und des Analytikers. Nach und nach verwendete man den Begriff häufiger, wenn von dem in
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