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spielen zweifellos Sullivan und Racker eine wichtige Rolle, ebenso wie die durch die interpersonale Schule gefilterten britischen „Independents“ und kleinianischen Analytiker. Auch Ferenczi ist eine bedeutende, in dieser Tradition stehende Persönlichkeit. Er ergänzte die Aufmerksamkeit für die konstitutionellen Aspekte und die Entwicklungen der inneren Welt, die in der klassischen Tradition, in der er seine Wurzeln hatte, betont wurden, um das Interesse an den Einflüssen äußerer Beziehungen. Seine Beschäftigung mit dem durch reale Ereignisse ausgelösten Trauma und seinen psychischen Folgen weckte erneut das Interesse am intersubjektiven Feld als Schauplatz psychischer, transformierender Arbeit. Sándor Ferenczi Ferenczis Arbeit (Ferenczi 1933; Dupont, 1988) - einschließlich seiner Betonung der Wechselseitigkeit, des Gegenübertragungsagierens und der Bi- direktionalität psychischer Prozesse (Bass 2009, 2015; Aron & Harris 2010) – hat die Entwicklung der Theorien, welche die intersubjektiven Dimensionen der psychoanalytischen Arbeit betonen, in wichtiger Weise beeinflusst. Sein kurzes Experiment mit der mutuellen Analyse, das er in seinem klinischen Tagebuch beschrieben hat, ist die radikalste Darstellung einer umfassenden intersubjektiven Therapie in der Geschichte der Psychoanalyse. Ferenczi wurde zum gemeinsamen Vorfahren zweier Gruppen, nämlich der British Independent Group (Parsons 2009) und der American Relational Group (Bass 2009), die für die Anwendung intersubjektiver Konzepte auf die Psychoanalyse eine wichtige Rolle spielten. Die Veröffentlichung des klinischen Tagebuchs (Dupont 1988) und später des Freud-Ferenczi-Briefwechsels warfen Licht auf eine tief in der Geschichte der psychoanalytischen Ideen eingebettete gemeinsame Sensibilität. Ferenczis Gedanken über die analytische Beziehung – der Analytiker als reale Person (als Subjekt) in einer realen Beziehung und zugleich als Objekt in einer Übertragungsbeziehung – ermöglichten es, mit dem Patienten zu einem Neuanfang aufzubrechen und zuvor unerforschte Wachstums- und Veränderungspotentiale zu erschließen. Die amerikanische Interpersonale Schule und die später entstandene Relationale Schule entwickelten eine mit Ferenczis Entdeckungen übereinstimmende klinische Perspektive, in deren Zentrum die vorbehaltlose Anerkennung des Analytikers als Teilnehmer am klinischen Prozess steht, der mit dem Patienten eine analytische Erfahrung als spezifische Begegnung zweier Subjektivitäten, ihres bewussten und unbewussten Erlebens, ko-kreiert. Diese Schulen betonen, dass Übertragung und Gegenübertragung unweigerlich komplementär sind und jede die andere in einer unendlichen Möbius-Schleife wechselseitiger Beeinflussungen und Transformationen hervorbringt, die in der psychoanalytischen Beziehung beobachtet und erforscht werden können. Weil der Analytiker ein teilnehmender Beobachter ist, werden der Einfluss, der von seiner realen Persönlichkeit ausgeht, und seine idiosynkratische Art, zu sein und dem Patienten zu begegnen, zu bedeutsamen Dimensionen der analytischen Erfahrung, die unter dem intersubjektiven Blickwinkel zentralen Stellenwert erhalten.
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