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Versuchs, die Subjektivität des Beobachters auszuschalten, betont dieser Autor die Rolle, die der Phänomenologie für unser Verständnis des Anderen zukommt, ohne dass sie durch bewusste Repräsentationen vermittelt wird. Eine solche Sichtweise lässt laut Jordán auf ein der phänomenologischen Empathie inhärentes korporeales Subjekt und eine basale, primäre Intersubjektivität schließen. Die intersubjektive Richtung in der chilenischen Psychoanalyse, vertreten z.B. durch Rojas Jerez, Fernández Depetris u.a.) integriert die Konzepte Jungs und der Gestalt-Schule sowie östliche Philosophien (insbesondere den Buddhismus in Bezug auf die Achtsamkeit) und das Psychodrama. Ein Beispiel für diese Synthese ist André Sassenfelds (2012) gründliche Diskussion des relationalen Denkens. 2017 veröffentlichte Sassenfeld „El espacio hermenéutico“ [Der hermeneutische Raum], eine synthetische Untersuchung der Überschneidungen von Philosophie und relationaler Psychoanalyse. In ihrem Vorwort betont Donna Orange, dass Sassenfelds Synthese in seiner Kenntnis der Philosophiegeschichte, insbesondere des Existentialismus, der Phänomenologie und der Hermeneutik gründet sowie in seiner Vertrautheit mit deutschen und nordamerikanischen Philosophien und der deutschen und nordamerikanischen Psychoanalyse, die er im Original liest. In Brasilien exemplifizieren die Beiträge von Eizirik (2002) und Belmont (2016) die Anwendung relationaler Theorien und intersubjektiver Sichtweisen auf reiches klinisches Material. In Mexiko, wo Erich Fromm lebte und zwischen 1950 und 1974 mehrere Analytikergenerationen ausbildete, entwickelten Juan Tubert-Oklander und R. Hernández de Tubert (2003) eine weitere intersubjektive Synthese, indem sie Pichon- Rivières und Searles Konzepte neuformulierten und sie mit Winnicotts und Kohuts Theorien kombinierten (Tubert-Oklander 2006). Ihre zahlreichen theoretischen und klinischen Beiträge finden sich auf den Seiten von Aperturas Psicoanalíticas . Ihre Arbeit „La teoría del vínculo y la perspectiva relacional en psicoanálisis” [Link-Theorie und die relationale Perspektive in der Psychoanalyse] (Tubert-Oklander 2016) wurde in ihrem Blog veröffentlicht. In Uruguay, Kolumbien, Panama, Honduras und Guatemala beginnen sich, ausgehend von Winnicotts Konzepten, erste intersubjektive Entwicklungen zu entfalten. Insgesamt gesehen, haben sich lateinamerikanische Psychoanalytiker von den freudianischen und kleinianischen Traditionen, die noch vor wenigen Jahrzehnten dominierten, entfernt. Zu einem gewissen Grad und vor allem an den Universitäten herrscht das lacanianische Denken vor. Doch viele Psychoanalytiker, die sich mit verschiedenen theoretischen Denkweisen identifizieren, arbeiten mit ihren Patienten in einer Weise, die der Haltung relationaler/intersubjektiver Analytiker sehr nahe kommt. Im allgemeinen nehmen sie auf die Standardautoren des relationalen/intersubjektiven Feldes in ihren Veröffentlichungen kaum Bezug; dennoch kann man ihre Arbeitsweise als intersubjektiv bezeichnen. Empathie als Instrument und die Anerkennung des
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