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seinem Konzept der Arbeit des Negativen zusammenzufassen, weil er sämtliche diese Mechanismen als Weiterentwicklungen der prototypischen Verdrängung betrachtete. Seiner Ansicht nach implizieren sie alle eine Beurteilung sowie Akzeptanz oder Ablehnung: Eine Frage, die mit Ja und/oder Nein zu beantworten ist. Diese Frage kann in unterschiedlichen Kontexten gründen und ganz unterschiedliches Material (Triebimpulse, Affekte, Repräsentationen, Wahrnehmungen, Wörter etc.) betreffen. Die Gruppe dieser Abwehrmechanismen unterscheidet sich von anderen, weil die einzelnen Mechanismen allesamt eine bewusste Grundentscheidung über Akzeptanz oder Ablehnung von Abkömmlingen, die im Unbewussten oder im Es wurzeln, implizieren. Im Zusammenhang mit psychotischen und Borderline-Patienten beschreibt Green zwei Mechanismen, die zu einer psychischen Blindheit führen: Die somatische „Erledigung“ des Konflikts , das heißt seine durch Regression herbeigeführte Dissoziation vom psychischen Bereich in den somatischen, und die Erledigung des Konflikts durch Agieren, das äußerliche Gegenstück zum psychosomatischen acting- in. Darüber hinaus werden Spaltung und Besetzungsentzug eingesetzt, so dass das Dilemma des Borderline-Patienten in der Alternative besteht, psychotisch zu werden oder zu sterben. Erforderlich ist hier neben der geschärften Aufmerksamkeit des Analytikers für die subtilen Feinheiten der Kommunikation auch eine optimale Balance zwischen seiner unaufdringlichen Anwesenheit und Abwesenheit, die Symbolisierungs- und Repräsentationsprozessen den Weg zu bahnen vermag. Ausgehend von Freud, Winnicott und Lacan identifiziert Piera Aulagnier in ihrer Theorie der kindlichen Psychose drei Ebenen der Repräsentation: das primäre Piktogramm, die primärprozesshafte Phantasie und die sekundärprozesshafte Ideation. Der Primärvorgang wird aktiviert, um die Anerkennung der Anwesenheit und der Abwesenheit zu symbolisieren und zu repräsentieren. In dieser Funktion gerät er in Konflikte mit dem Ur-Vorgang (Piktogrammen, die von sich selbst für sich selbst erzeugt wurden), der nur einen einzigen psychischen Raum anerkennt. Die Funktion der primärprozesshaften Phantasie besteht darin, diesen Konflikt zu lösen (Aulagnier 2001, S. 40-42). In ihrer Untersuchung des „Agierens“ erläutert Joyce McDougall (1980), dass die englische Übersetzung „acting-out“ treffend eine zweiseitige Auffassung einer ökonomischen Ordnung wiedergibt: Erstens wird etwas nach außen verlagert, das in der Psyche oder in der analytischen Situation hätte bleiben und psychisch bearbeitet werden sollen; zweitens wird Spannung abgezogen oder abgeführt, so dass vom inneren Konflikt nichts übrig bleibt. Angsterfüllte oder depressive Affekte, die andernfalls die Fähigkeit des Individuums, mit ihnen umzugehen, überfordern würden, werden aus dem Bewusstsein verbannt. In McDougalls Theorie vermittelt ein Mechanismus der „ Verwerfung “, der Freuds Ablehnung oder Verweisung aus dem Bewusstsein nahekommt (und sich von der Verdrängung und Verleugnung unterscheidet), das ökonomische Manöver des Agierens und der Spannungsabfuhr.
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