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Fairbairn (1952) kritisierte, dass Klein nie zufriedenstellend erklärte, wie die Phantasien über oral einverleibte Objekte zur Bildung innerer, endopsychischer Strukturen führen können. Ohne eine solche Erklärung, so seine Ansicht, kann man diese inneren Objekte nicht als Strukturen bezeichnen, sondern muss sie als reine Ausgeburten der Phantasie betrachten. Er versuchte, die von Klein beschriebenen Mechanismen mit einem Strukturmodell zu verbinden. Seine Analyse der – bei Patienten mit schizoiden Tendenzen beobachteten – Spaltung ist von dauerhaftem klinischem Wert. Sie hat die Entwicklung der späteren strukturellen Modelle internalisierter Objektbeziehungen bereichert (Kernberg 1977). Fairbairn ersetzte die dualistische Triebtheorie durch eine radikale Objektbeziehungstheorie, indem er erklärte, dass Triebregungen „schlicht als der dynamische Aspekt der Ich-Strukturen zu betrachten“ und „zwangsläufig an Objektbeziehungen gebunden“ seien (Fairbairn, 2007 [1951], S. 190), ließ aber die Frage nach einem richtungweisenden, grundlegenden Versagen der Umwelt offen. Die von ihm beschriebenen inneren Beziehungen zwischen dem erregenden Objekt und dem infantilen libidinösen Ich, dem zurückweisenden Objekt und dem infantilen anti-libidinösen Ich sowie dem Idealobjekt und dem zentralen Ich sind bedeutsame intrapsychische Strukturen, die allerdings später die Kritik allzu starker Vereinfachung auf sich zogen. Andererseits werden Fairbairns klinische Studien, die den engen Zusammenhang zwischen der pathologischen Sexualentwicklung und den sich herausbildenden Mustern der intrapsychischen und interpersonalen Entwicklung illustrierten, weithin und bis heute anerkannt. III. D. Ferenczi und Balint: Primäre Objektliebe und die Theorie der Behandlungstechnik Die Tradition des objektbeziehungstheoretischen Denkens in der Budapester Schule, insbesondere das Werk Ferenczis, erreichte die britische Psychoanalyse über Michael Balint und seine Schriften. Triebe und Beziehungen spielen zunächst eine gleichermaßen wichtige Rolle, und während Balint sich von der klassischen Triebtheorie anders als Fairbairn und weitere Vertreter der Unabhängigen Tradition nicht distanzierte, stellte er eine ganze Reihe wichtiger relationaler Hypothesen auf. So postulierte er insbesondere, (i) dass „eine Beziehung zur Außenwelt in primitiver Form von Anfang an besteht“ (Balint 1987 [1968], S. 72) und eine notwendige Voraussetzung der emotionalen Entwicklung bildet; (ii) das primitive Objektbeziehungen durch passive Formen der Objektliebe charakterisiert sind (Balint 1937, S. 98; vgl. Ferenczi 1924), aber auch durch „aktives Aufsuchen von Kontakten mit der Umwelt“ (Balint 1987 [1968], S. 145); und (iii) dass die Erfahrung der „primären Liebe“ (Balint 1987 [1968], 12. Kapitel) die Grundlage der Objektbeziehung darstellt. 1. Die Theorie der primären Liebe und die damit einhergehende Verwendung der Regression als therapeutisches Agens liegen Balints psychoanalytischem Denken zugrunde. Seiner Ansicht nach finden sich Spuren und Überbleibsel der primären Objektliebe in sämtlichen späteren Phasen des Seelenlebens (Balint 1937, S. 101). Er beschreibt die Erfahrung der primären Liebe als einen Versuch des Säuglings, die
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