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Das Spiel ist laut Klein für das Kind nicht nur eine Möglichkeit, vermeintlich unkennbare und gefährliche Dinge zu kontrollieren. Die Spielsachen werden auch selbst so behandelt, als hätten sie Gefühle: sie leben, sind besorgt, sterben oder entwickeln eine Lust am Zerstören. So gesehen, kann man Objekte als phantasmatische Ausarbeitungen der äußeren Welt definieren: „Innere Objekte sind keine ‚Vorstellungen‘ [representations], wie sie in Erinnerungen oder in bewußten Phantasien (Tagträumen) zutage treten könnten, sondern werden als etwas Substantielles empfunden, als die Substanz, aus welcher der Körper und die Psyche bestehen“ (Hinshelwood 1993 [1991]). Das Konzept der „inneren Objekte“ steht im Gesamtkontext der kleinianischen Metapsychologie in Interaktion mit weiteren zentralen Postulaten, etwa der Existenz von Lebens- und Todestrieben, einer Theorie des frühen psychischen Geschehens, die von einem frühen Ich ausgeht, das Angst zu empfinden vermag, der Entwicklung primitiver Abwehrmechanismen durch das Ich, der Hypothese unbewusster Phantasien und der Theorie der paranoid-schizoiden sowie der depressiven Position (Bianchedi 1984). Die Trauerarbeit hat unmittelbar zur Folge, dass in und mittels der depressiven Position eine innere Welt aufgebaut wird. Die Beschaffenheit äußerer Beziehungen wird vom Zustand der inneren Beziehungen geprägt. Klein betont den konkreten, ja physischen Charakter der Erfahrungen, die mit dieser inneren Welt zusammenhängen. Die Theorie der inneren Welt organisiert die Beziehungen zwischen den Objekten in dieser Welt. Die Substanz dieser Welt baut sich aus unbewussten, tiefen frühen Phantasien auf, die in Gefühlserinnerungen oder köperliche Erinnerungen – häufig hypochondrischen Charakters – zutage treten.
VI. A. Originäre Konzeptualisierungen aus Lateinamerika
VI. Aa. Horacio Etchegoyen: Frühe Übertragung Etchegoyen (1982) war der Ansicht, dass jedem konzeptuellen Bezugsrahmen eines von zwei verschiedenen Explanationsprinzipien zugrunde liege: der primäre Narzissmus bzw. die primären Objektbeziehungen. Zwischen diesen beiden Prinzipien gilt es, sich zu entscheiden. Infrage gestellt wurde dies von Diana Rabinovich (1990). Die von Bleger (1967) beschriebene Theorie der Symbiose als glischro-karische Position nimmt sozusagen eine vermittelnde Stellung zwischen Narzissmus und Objektbeziehungen ein. Blegers Beschreibung setzt an einer primärnarzisstischen Phase an, in der das Subjekt das Objekt als einen Teil seiner selbst erlebt. Erst durch wiederholte Frustrationserfahrungen erkennt es, dass etwas existiert, das von ihm unterschieden ist und nicht zu ihm gehört. Nach Meinung Etchegoyens beruht aber Freuds gesamtes Werk auf dem Konzept des primären Narzissmus. Das Objekt, das Freud (1905) in den Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie beschreibt, ist das Objekt der Triebe; es ist kontingent
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