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Kausalitätsbedingungen auf den Kopf und ermöglicht, dass die analytische Wirkung in der Sitzung zum Tragen kommt. Das Konzept der Nachträglichkeit zu definieren ist schwierig. Um seiner Komplexität gerecht zu werden, müssen seine Verflechtungen mit anderen Konzepten einschließlich Verdrängung, Wiederholung, Sexualität, Bedeutung und Trauma aufgezeigt werden – allesamt Konzepte, an denen zwei verschiedenen Zeitphasen beteiligt sind. Gleichzeitig ist es notwendig, das Konzept der Nachträglichkeit aus dem Rahmen, in dem es auftaucht, herauszulösen, um seine Einzigartigkeit nicht aus den Augen zu verlieren (Masotta 1982).
II. ENTWICKLUNG DES KONZEPTS IN FREUDS SCHRIFTEN
II. A. Das Wort “Nachträglichkeit” und seine Übersetzungen Wie so oft, bildete Freud auch das Subjekt Nachträglichkeit (ein Neologism) aus einem umgangssprachlichen, adjektivisch und adverbial gebrauchten deuschen Wort, nämlich nachträglich . “Nachträglich” und die entsprechenden Deklinationen tauchen in Freuds Schriften öfter als 160 Mal auf, das Substantiv “Nachträglichkeit” aber nur sechs Mal (Thomä und Cheshire 1991). Fünf Mal verwendete Freud das Substantiv in seinem Brief vom 14. November 1897 an Fließ (Freud 1985c [1887-1904], S. 302-304), ein weiteres Mal in dem an denselben Adressaten gerichteten Brief vom 9. Juni 1898 (ebd., S. 345). Im Deutschen wird der Begriff “Nachträglichkeit” aus nach und tragen gebildet. Semiotisch interpretiert, bedeutet er “ziehen/tragen/führen hin zu einer Nach- Wirkung”. Das Suffix “- keit ” denotiert das weibliche Genus. Freud benutzte auch Entsprechungen, die man mit “post-effect, post-action, ex- post” ins Englische übersetzen könnte, sowie Formulierungen, in denen das adjektivisch oder adverbial gebrachte nachträglich “nach dem Geschehen” bedeutet, zum Beispiel in Verbindung mit Gehorsam, Verständnis, Abreagieren, Zwang oder Wirkung nach dem Ereignis (Chervet 2009). Ins Französische wurde „Nachträglichkeit“, wie erwähnt, mit “après-coup” (substantivisch, adjektivisch und adverbial verwendbar) übersetzt. Dieser Begriff wird mitunter auch in der englischsprachigen psychoanalytischen Literatur benutzt, weil es eine wirklich zufriedenstellende Übersetzung ins Englische nicht gibt, zumeist aber deshalb, weil der Terminus in der französischen Psychoanalyse spezifische und besonders tiefe Bedeutungen besitzt. Die offizielle englische Übersetzung is deferred action (Auchincloss und Samberg 2012), doch manche englischen Autoren benutzen auch after-effect oder afterwardsness , wie von Laplanche (1989-90) vorgeschlagen, oder subsequent effect. In den Vereinigten Staaten schlug Arnold Modell (198) weitere mögliche Übersetzungen von “Nachträglichkeit” vor, nämlich subsequentiality und das
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