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möglich sind und dass ohne Beziehungen die Identifizierungsprozesse, die für die Entwicklung des Selbst erforderlich sind, nicht stattfinden können. Man könnte sagen, dass die adhäsive Gleichsetzung oder adhäsive Identität dazu dient, ein Existenzempfinden anstelle der Wahrnehmung eines Selbst und eines von ihm getrennten Objekts herzustellen. Offensichtlich muss ein „Hautobjekt“ im Laufe der psychischen Entwicklung schon sehr früh inkorporiert werden, damit sich im Selbst ein Raum entwickeln kann, der die Voraussetzung dafür ist, dass der Mechanismus der projektiven Identifizierung als primäre Methode der nonverbalen Kommunikation zwischen Mutter und Säugling ungehindert funktionieren und seine Aufgabe der Entgiftung und Bedeutungsstiftung erfüllen kann. Mauro Mancias (1981) Arbeit stützt die Vermutung, dass das Potenzial dieser frühen Entwicklung einer psychischen Haut schon intrauterin angelegt ist. Herbert Rosenfeld (2002 [1971]) hat sich ausführlich mit der projektiven Identifizierung beschäftigt. Seine mittlerweile klassische Definition ist es wert, ungekürzt zitiert zu werden: “‘Projektive Identifizierung‘ bezieht sich zuallererst auf einen Spaltungsprozeß des frühen Ichs, in dem entweder gute oder schlechte Teile des Selbst vom Ich abgespalten und, in einem weiteren Schritt, in Liebe oder Haß in äußere Objekte projiziert werden, was eine Verschmelzung und Identifizierung der projizierten Teile des Selbst mit den äußeren Objekten zur Folge hat. In Verbindung mit diesen Prozessen stehen bedeutende paranoide Ängste, da die Objekte, die mit den aggressiven Teilen des Selbst gefüllt wurden, zu Verfolgern werden und der Patient sie erlebt, als drohten sie, Vergeltung zu üben, indem sie sich sowie die schlechten Teile seines Selbst, die sie enthalten, wieder in sein Ich zurückzwingen.“ (S. 148) Betty Joseph war ebenfalls stark von Bions Überlegungen beeinflusst und leistete eigene Beiträge, indem sie die Aufmerksamkeit auf die Beschaffenheit und Funktion der projektiven Identifizierung im analytischen Setting lenkte. Joseph (1994 [1987], 1998) erkannte, dass Patienten die Analytikerin in der Sitzung unbewusst veranlassen oder „dazu bringen“, sich an verschiedenen Enactments zu beteiligen. Diese können so aussehen, dass die Analytikerin sich in Gegenwart des Patienten allzu behaglich fühlt oder aber sich unangemessen streng verhält. Dieser Druck wird durch kleine projektive Identifizierungen von Aspekten des Patienten selbst oder seiner Objekte in die Analytikerin ausgeübt, wobei das Sprechen, der Tonfall, das Tempo des Redeflusses und andere, kaum zu konkretisierende Formen des Drängens als Medium dienen. Mit anderen Worten, Joseph war überzeugt, dass die vom Patienten geschaffene Atmosphäre einen realen Einfluss auf die Analytikerin ausübt. Dies stimmt mit Bions Theorie einer „realistischen projektiven Identifizierung“ überein. Auf diese Weise unterstrich Joseph die Verbindung zwischen projektiver Identifizierung und Übertragung. Spillius (2007) verwies auf drei zentrale Überlegungen, die sich heute mit dem Konzept
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