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Jahrzehnten in der Psychoanalyse der Rio de la Plata-Region vorherrschend. Eine umfassende Darlegung des Themas findet sich im Werk von David Liberman (1970), das Entwicklungen der Linguistik mit einem Verständnis der komplementären Stile von Patient und Analytiker integriert. Für Álvarez de Toledo ist Deutung ein „Tun mit dem Patienten“. Auch für die Barangers können die Wörter der Deutung „Träger von Gratifikationen und Aggressionen und im Allgemeinen von unzähligen Phantasien“ (M. Baranger und W. Baranger 2018 [1961-62], S. 777) sein. Unter diesem Blickwinkel betrachtet, ermöglichen regressive Prozesse den Worten, ihre ursprüngliche Macht zurückzuerlangen, „das innere Leben in der Tiefe zu erreichen“ (ebd., S. 780). Die Sprache des Analytikers kann bestimmte Eigenschaften annehmen, die denen der Kommunikation des Kindes mit der Mutter gleichen und es dem Patienten dadurch ermöglichen, Zugang zu neuen Ebenen der Symbolisierung seines emotionalen und somatischen Erlebens zu finden. Laut Leon de Bernardi (1993) deckt sich diese Sicht der Symbolisierung, die sich in der Szenografie der primitiven Phantasien der kleinianischen inneren Welt entwickelt, zum Teil mit moderneren Auffassungen, die durch Studien über die frühe Entwicklung bestätigt werden. Daniel N. Sterns (1985) Erkenntnisse über die Einheit der Sinne und über die nonmodale Informationsübermittlung, die der Kommunikation des Säuglings mit der Mutter inhäriert, werden in der therapeutischen Beziehung und in Prozessen künsterischer Wahrnehmung und Tätigkeit, in denen transmodale Analogien und Metaphern einen hohen Stellenwert haben, anscheinend als selbstverständlich vorausgesetzt. Interessanterweise zitieren sowohl Álvarez de Toledo als auch Daniel Stern Zeilen aus einem Gedicht von Baudelaire an, nämlich aus „Les correspondances“. 1979 nahm Willy Baranger in einem Artikel, der in der Revista Uruguaya de Psicoanalisis erschien, im Dialog mit Beiträgen von Pichon Rivière, Michael Balint, Donald Meltzer, Melanie Klein und Jacques Lacan eine kritische Revision der ursprünglichen, 1961-62 veröffentlichten Konzipierung des Feldes vor. In diesem Artikel stellte er die frühere Fokussierung auf Übertragung und Gegenübertragung mit der Begründung in Frage, dass diese einer reduktionistischen, eingeschränkten Sichtweise der Phänomene, die sich zwischen Patient und Analytiker entwickeln, Vorschub leisten könne. Dies wiederum könne eine Technik begünstigen, die die Deutung von Übertragung oder Gegenübertragung forciert und Aspekte der Lebensgeschichte des Patienten ignoriert. In ähnlicher Weise stellte er die Erweiterung der Begriffe „projektive Identifizierung“ und „projektive Gegenidentifizierung“ in Frage, weil er die Gefahr einer Verwechslung mit „Übertragung“ und „Gegenübertragung“ sah. Seiner Ansicht nach ist dies ein Beispiel dafür, wie psychoanalytische Entdeckungen und Konzepte ihre spezifischen Grenzen verlieren können. Prozesse der projektiven Identifizierung und Gegenidentifizierung sind zwar häufig, können aber die Vielfalt der Phänomene des Feldes nicht erklären. Willy Baranger arbeitet hier auch mit Lacans Konzept des gespaltenen Subjekts und wirft einen kritischen Blick auf den Spiegelungs- und Abwehrcharakter der bipersonalen
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