Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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die aus dem Zusammenkommen der subjektiven Felder des Analytikers und des Patienten hervorgeht, ist eine radikale Möglichkeit, unbewusste Intersubjektivität zu konzipieren. Die durch die Interaktion beider Subjektivitäten erzeugte Entität ist etwas Neues, mehr als die Summe der beiden einzelnen Felder, an deren Stelle diese neue Struktur tritt. Insofern das bipersonale Feld dem „Hier und Jetzt“ angehört, das durch die zwei Subjekte auf ihrer psychoanalytischen Reise erzeugt wird, wird die zeitliche Dimension der Individuen zugunsten „horizontaler Modelle der Intersubjektivität“ (Bohleber 2013, S. 812), einer Art horizontaler Konzipierung des Unbewussten, vernachlässigt. Ferro (2009) hat seine Konzipierung des Feldes auf der Bion-Konferenz in Boston erweitert und sie mit einem bionianischen konzeptuellen Rahmen zusammengeführt: „[…] nach langen Jahren der Verlobung war es an der Zeit, die Hochzeit zwischen Bion (oder, genauer, vielen seiner Konzepte) und dem Konzept des Feldes zu verkünden“ (Sabbadini und Ferro 2010, S. 424). Das Feld umfasst nun: „1. Den expliziten Schritt von einem bipersonalen zu einem multipersonalen Feld , in dem innere Gruppierungen des Patienten und des Analytikers komplexe Interaktionen unterhalten. 2. Die Einführung des Konzepts des Charakters des Feldes als andauerndes Hologramm / andauernde Manifestation der Paarung zwischen inneren Gruppierungen des Analytikers und des Patienten, unter einem anderen Blickwinkel verstanden als narrative Abkömmlinge von Wachtraumgedanken. 3. Die Identifizierung von Strukturen und Funktionsformen innerhalb des Feldes, die zum Feld gehören , als Alpha-Funktion des Feldes, als Beta-Turbulenzen im Feld mit Eigenschaften spezifischer Stellen im Feld (♀) und Hyperinhalten (♂) an anderen Stellen. 4. Das Feld, mittlerweile zweifelsfrei dreidimensional, wird zur Stätte aller möglichen Geschichten [histories]. Stück für Stück werden sämtliche zum Denken benötigte Werkzeuge, die Bion beschrieben hat, als zum Feld gehörig untersucht . Die gegenwärtige Beziehung ist einer der Loci, ebenso wie die Geschichte [history], die ständig darauf drängt, dekonstruiert, entkonkretisiert und wiedergeträumt zu werden. Gleiches gilt für die Beta-Elemente, die des Geträumtwerdens harren“ (Sabbadini und Ferro 2010, S. 424f.; Hervorhebung ergänzt). Entscheidend ist, dass das, was im Feld auflebt, traumähnlich ist. Hier ist der Bezug zu Bions Konzept der Alpha-Funktion – Beta-Transformation in Alpha und die Entwicklung der Werkzeuge des Denkens, die auf diese Weise Teil des Feldkonzepts wird. Das Feld wird als von Grund auf traumähnlich konzipiert, als ein Feld, das Transformationen bewirken kann und in dem alles, was sich darin zeigt und in ihm entsteht, ausschließlich zum Feld gehört. Außerhalb des Feldes ist nichts und in gewisser Weise kann außerhalb des Feldes nichts sein, ohne zwangsläufig dekodiert und dekonstruiert zu werden. Dekonstruktion und Deutung sind Dinge, die der Analytiker tun kann. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dem, was der Patient sagt, dem traumähnlichen Faden, zu folgen und auf diese Weise Transformationen zu ermöglichen. Zusammen mit Roberto Basile verfasste Ferro einen Artikel, in dem das Feld

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