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Mutter introjiziert wird, zu klären. Bions Modifizierung von Kleins Konzept des guten Partialobjekts (der Mutterbrust), das in den ersten Lebensmonaten als Kern des infantilen Ichs internalisiert wird, diente ihr dabei als Grundlage. Tabak Bianchedi zeigt, wie Bion das eher konkretistische, morphologische oder anatomische Konzept der guten Brust in ein funktionelles/physiologisches verwandelt, und erläutert, wie der verbindende/verstehende Teil der mütterlichen Psyche (die psychische Containerfunktion der Mutter) vom Kind introjiziert wird und wie der Kern seines Ichs sich dann zur containenden und verstehenden Funktion (Alpha-Funktion, psychoanalytische Funktion der Persönlichkeit) entwickelt. Darüber hinaus betont und spezifiziert sie die klinische Relevanz von Bions Container-Contained-Modell sowie der Gefühle, die es erfüllen und je unterschiedliche Beziehungstypen entstehen lassen. Ihre ausführliche Beschreibung der basalen emotionalen Verknüpfungen illustriert die Bezogenheit als grundlegendes Merkmal des Bion’schen Denkens. In diesem Kontext erfüllt die Emotion an sich eine verbindende Funktion; die Verbindungen zwischen (menschlichen) Objekten sind „emotionale Erfahrungen“. Eine emotionale Erfahrung kann aber nicht isoliert von einer Beziehung gesehen werden. V Ae. Janine Puget und Isidoro Berenstein: Objektbeziehungen versus lo vincular Über Objektbeziehungen und Verbindungen, definiert in einem sehr spezifischen, „lo vincular“ einschließenden Rahmen, haben Psychoanalytiker interessante Diskussionen, Kontroversen und Auseinandersetzungen geführt. In einigen lateinamerikanischen Kulturen haben die Konzepte „Verbindung“ und „lo vincular“ sehr spezifische Konnotationen angenommen. Greenberg (2012) betont diese Unverwechselbarkeit und erklärt, dass sich lo vincular nicht ins Englische oder Französische übersetzen lasse, weil es für die Region um den Rio de la Plata spezifisch sei. Ebenso wie jeder konzeptuelle Bezugsrahmen eine Entscheidung zwischen Narzissmus und Objektbezogenheit treffen muss, erfordert auch eine klare Entscheidung zwischen „Objektbeziehungen“ und „ lo vincular “. Janine Puget (2017) zufolge definiert lo vincular , die Verknüpfung, eine Beziehung zwischen zwei oder mehr Subjekten, die zum Auftauchen situationsspezifischer Praktiken führt. Sie begünstigt die Auswirkungen der Interaktionen zweier Personen im Raum oder des gemeinsamen Handelns. Es ist schwierig oder gar unmöglich, die Vorgänge, die sich innerhalb der Verknüpfung abspielen, der Logik einzuschreiben, der die Dynamik der Identifizierungsprozesse gehorcht. Abgesehen von Konflikten, die zu den jeweiligen Individuen gehören, ist deshalb auch das Produkt der Überlappung zu berücksichtigen, anders formuliert: Man muss der Andersheit eines jeden Subjekts, das an der Beziehung teilhat, Raum geben. Diese Andersheit kann nie zu einer Gleichheit werden. Die Einzigartigkeit aller Beteiligten setzt Arbeit in Gang, die von der Differenz ausgeht. Anknüpfend an Derrida (1967), wird diese Differenz verstanden als différance – „Differänz“ -, als Ver- oder Aufschiebung des Präsenz. Was aus der différance
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