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Agieren, sondern einen Kommunikationsmodus darstellt. (Auch Limentani [1966] vertrat diese Sichtweise des „Agierens als Kommunikation“.) Der letzte Quadrant umfasst, ausgehend von José Blegers Überlegungen, den vom Analytiker verübten Verstoß gegen das Setting.
IV. SETTING UND REGRESSION
Das Regressionskonzept ist umstritten. Einige Analytiker, Vertreter der ich- psychologischen Tradition, betrachten das Setting als ein Arrangement, das den Patienten „durch die Unveränderlichkeit einer konstanten, passiven Umwelt zwingt, sich anzupassen, d.h., auf infantile Ebenen zu regredieren“ (Macalpine 1950, S. 525). Diese Regression ist die Voraussetzung für die Analyse der Übertragungsneurose. Im Gegensatz dazu vertrat Winnicott die Ansicht, dass die positiven Elemente des analytischen Settings als fördernde und haltende Umwelt dienen, die einer Regression zuträglich ist. Seine Betonung liegt also auf einer aktiven, responsiven Umwelt, in der das Setting Aspekte der Haltung des Analytikers repräsentiert. Winnicott (1955) unterstrich die entscheidende Bedeutung des Settings als Therapeutikum an sich für solche Patienten, deren Entwicklungsstörung zur Bildung eines falschen Selbst geführt hat. Sie sind auf eine tiefe Regression in der analytischen Behandlung angewiesen, in der das äußere Setting und die lebendige Präsenz des Analytikers die fördernde Umwelt konstituieren, die für eine gesunde Entwicklung und für das Auftauchen des (wahren) Selbst unabdingbar ist; der Verzicht auf verfrühte Deutungen ist Teil der Anpassung, die der Analytiker vornehmen muss. Laut Melanie Klein (2000 [1952]) ist der therapeutische Raum vollständig von der Übertragung bestimmt, die sie als „Gesamtsituation“ (S. 93) der Patient-Analytiker- Interaktion bezeichnet. Die Deutung ist das vorrangige und wichtigste Instrument, mittels dessen der Analytiker mit dem Patienten interagiert. Klein versuchte, in Übereinstimmung mit Freud einen objektiven analytischen Raum herzustellen, in dem gute und böse innere Objekte – sowie Selbstanteile – ungehindert projiziert werden können. Winnicott beschrieb eine andere Art des Settings. Während Klein eine Objektivität im therapeutischen Raum anstrebt, geht es Winnicott um einen gänzlich anderen Raum, der durch „Verlässlichkeit“ eine Atmosphäre erzeugt, die der Subjektivität des Analysanden entgegenkommt, weil sie seinem individuellen Gefühl zu sein entspricht und es nicht in Bedrängnis bringt. „Das Analysesetting“, so Winnicott (1955), „reproduziert die frühen und frühesten Bemutterungstechniken. Es begünstigt die Regression, weil es so verlässlich ist“ (S. 286). Winnicott vertritt die These, dass manche Patienten einen Zustand primitiver „Unintegriertheit“ in sich tragen, der eine Regression auf die frühesten Entwicklungsstufen voraussetzt. Der regredierte Patient kann dann in der sicheren, sensiblen Umwelt, die der Analytiker zur Verfügung stellt,
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