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In den „Krankengeschichten“ der Studien über Hysterie erklärte Freud im Zusammenhang mit Frau Emmy von N., die Patientin habe sich offenbar „mein Verfahren zu eigen gemacht und benützte die anscheinend ungezwungene und vom Zufalle geleitete Konversation zur Ergänzung der Hypnose” (S. 108). In der Standard Edition hält Strachey hierzu in einer Fußnote fest: “Dies ist vielleicht die erste Erwähnung der später als freie Assoziation bekannt gewordenen Methode” (SE Bd. 1, S. 56, Anm. 1). Dass Freud in der Behandlung dieser Patientin mit der Entwicklung der Methode der freien Assoziation rang, ist unverkennbar. Zu Beginn stellte er überrascht fest, dass die Übergänge in den Erzählungen der Patientin bedeutsam waren und offenbar mit ihren Symptomen zusammenhingen, und so lernte er mühsam, seine Technik zu modifizieren, da die Patientin zornig wurde, wenn er sie unterbrach (1895 [1894-95], S. 115, Fn.). Einmal befahl sie ihm „recht mürrisch, ich solle nicht immer fragen, woher das und jenes komme, sondern sie erzählen lassen, was sie mir zu sagen habe” (S. 116). Aufgrund solcher Erfahrungen gelangte er nach und nach zu dem Schluss, dass er nichts erreichte, wenn er die Patientin unterbrach, sondern es sich “nicht ersparen” konnte, “sie in jedem Punkte bis zu Ende anzuhören” (S. 114). In einer Fußnote zu Freuds Entwurf einer Psychologie (1950c [1895]) schreibt Strachey: “Diese Situation einer festgehaltenen Besetzung auf der einen Seite und einer gleichzeitig wandernden Aufmerksamkeitsbesetzung auf der anderen spielt in verschiedenen Versionen im gesamten ›Entwurf‹ eine hervorragende Rolle. (S. beispielsweise Abschnitte 15 bis 18 von Teil I und Abschnitt 1 von Teil III.) An mehr als einer Stelle (z. B. S. 452f. und S. 464) ist die wandernde Besetzung ungerichtet und, wie im ersten Satz des vorliegenden Abschnitts, ‘uneigennützig’. Es hält schwer, hier nicht eine Verwandtschaft zu dem zu sehen, was zur frühesten Form der ‘freien Assoziation’ in der psychoanalytischen Technik werden sollte — nämlich die Form, in der eine spezifische Fehlleistung oder ein Traumelement als Ausgangspunkt festgehalten wird, während ein anderer Bewußtseinsanteil sich einem Strom von Assoziationen überläßt.” (S. 466, Fn. 1; Hervorhebg. ergänzt). Rückblickend hat Freud (1905e) seine innovative Technik in seiner Krankengeschichte über “Dora” erläutert: “Damals [in den Studien über Hysterie ] ging die Arbeit von den Symptomen aus und setzte sich die Auflösung derselben der Reihe nach zum Ziel. Ich habe diese Technik seither aufgegeben […]. Ich lasse nun den Kranken selbst das Thema der täglichen Arbeit bestimmen und gehe also von der jeweiligen Oberfläche aus, welche das Unbewußte in ihm seiner Aufmerksamkeit entgegenbringt” (S. 169).
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