Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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Symbolisierung. Das Es besteht aus Triebregungen. Freud (1933a) nennt es metaphorisch „ein Chaos, einen Kessel voll brodelnder Erregungen“ (S. 80). Im „Abriß der Psychoanalyse“ formuliert Freud (1940a [1938]) eine terminologische Unterscheidung zwischen Eros (Liebes- und Lebenstrieben), Libido und Sexualität. Letztere ist nun eine Funktion von Eros, während die Libido der „Exponent“ (Energie im Dienste) von Eros ist (S. 73). Das Eros zugrundeliegende Prinzip ist das der Bindung: „Das Ziel des ersten [Eros] ist, immer grössere Einheiten herzustellen und so zu erhalten, also Bindung, das Ziel des anderen im Gegenteil, Zusammenhänge aufzulösen und so die Dinge zu zerstören“ (ebd., S. 71). Somit nimmt der Todestrieb den „dämonischen“ Zug an, der, so wiederholt Freud (1920g, S. 20), das Wesen des Triebes ausmacht, während die Sexualität mit dem Bindungsprozess einhergeht. Viele postfreudianische Denker (Loewald, Kulish, Green, Scarfone; siehe unten) haben diesen Ansatz später auf je unterschiedliche Weise weiterentwickelt. III. Ac. Ausarbeitung der Libido und der Libidotheorie Eine zentrale Komponente der sich entwickelnden Freud’schen Triebtheorie war von Anfang an das Konzept der Libido. Auch die Libidotheorie hat zahlreiche Veränderungen erfahren. Der Begriff „Libido“ (lateinisch für „Wunsch“ oder „Begehren“) bezeichnet in Freuds Theoriebildung entweder sexuelles Verlangen oder Begehren oder aber, spezieller, die psychische Energie des Sexualtriebs, die es vom Vorstellungsinhalt des Triebs zu unterscheiden gilt (Auchincloss und Samberg 2012). Freud hat den Begriff erstmals 1894 in „Manuskript E“ benutzt, das er am 6.6.1894 Fließ schickte. Dort beschrieb er die Libido als psychische Repräsentanz eines zugrundeliegenden somatischen, an der Sexualität beteiligten Prozesses (Freud 1985 [1887-1904]), S. 74). Nach der früheren Erklärung der Libido als sexuelle Energie des Sexualtriebs (in den Drei Abhandlungen von 1905) und im Kontext seines erweiterten Verständnisses der Sexualität, bestehend aus Wunschvorstellungen (libidinösen Zielen) und Erregungsempfindungen (Libido), deren Quelle die sensorische Stimulation der erogenen Zonen im Zusammenhang mit der Versorgung durch Eltern/Betreuungspersonen ist, die zu libidinösen Objekten solcher Wünsche werden, unternimmt Freud (1914c) in „Zur Einführung des Narzissmus“ eine formale Darlegung seiner Libidotheorie. Hier beschreibt er die Libido als eine psychische Energie, mit der verschiedene psychische Repräsentanzen oder Strukturen besetzt werden können. Auf diese Weise postuliert er eine wechselseitige Beziehung zwischen dem Betrag an Libido, mit dem das Selbst besetzt wird (Ichlibido), und der Besetzung der Objekte (Objektlibido). Wenn die Libido nicht abgeführt werden kann, kommt es zu einer „Libidostauung“ (S. 152) und in deren Folge zur Symptombildung. Die pathologischste Form ist die der narzisstischen Neurose (Psychose). Hier zieht das Ich

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